Roman Behrends (Leipzig)
Lisa Heidenreich (Darmstadt)
Madita Lachetta (Berlin)
Simone Mangold (Landau i.d. Pfalz)
Clara Schüssler (Köln)
Emma Würffel (Münster)
Die Juso-HSGn entstanden durch dezentrale Gründungen an den einzelnen Hochschulen – oftmals in Kooperation mit der örtlichen Juso-Gliederung. Die erste Juso-Hochschulgruppe wurde bereits 1969 an der Universität Gießen gegründet. Als Gründungsdatum des heutigen Bundesverbandes gilt der März 1973, als sich Juso-Hochschulgruppen von fünf Universitäten zu einem gemeinsamen Seminar trafen.
Die Gründung der Juso-Hochschulgruppen geschah an den einzelnen Hochschulen in Abgrenzung zum Sozialistischen Hochschulbund (SHB), der seit der Trennung der SPD vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) im Jahre 1960 die Sozialdemokratie an den Universitäten repräsentierte. Im Zuge der auslaufenden 1968er-Bewegung hatte der SHB das marxistische Konzept des Staatsmonopolistischen Kapitalismus (SMK) zur Grundlage seiner Politik gemacht. Das wurde sowohl von der SPD als auch von den von dort initiierten Juso-Hochschulgruppen abgelehnt. Abgelehnt wurde auch dessen prinzipielle Aktionseinheit mit dem DKP-nahen MSB Spartakus, also die Zusammenarbeit mit Kommunisten sowie die Strategie der „gewerkschaftlichen Orientierung“.[4] Sich als „undogmatisch“ einordnende oder abweichenden marxistischen Konzepten wie der Strategie der Hannoveraner SOAK (siehe: Karl Nolle, Gerhard Schröder)[5] folgende Jungsozialisten in der SPD fühlten sich deshalb vielerorts vom SHB nicht mehr vertreten. Die fünf Gründungs-Hochschulgruppen beschlossen, keine selbständige Studentenorganisation zu bilden, wie es der SDS und der SHB gewesen war, sondern als Teil der Jungsozialisten ein integrierter Teil der SPD-Organisation zu werden. Das ermöglichte eine enge Anbindung an die Studenten- und Hochschulpolitik der Partei, wie sie in der Vergangenheit immer wieder zu großen Konflikten mit SDS bzw. SHB geführt hatte. Schon 1973 wurde mit Ottmar Schreiner (Universität des Saarlandes) erstmals ein Juso-Vertreter in den Vorstand des Verbandes Deutscher Studentenschaften gewählt. In den folgenden Jahren wurden die Juso-Hochschulgruppen zu einem der größten Studierendenverbände der Bundesrepublik. Bis heute sind sie mit bundesweit etwa 80 aktiven Gruppen eine konstante Größe in der hochschulpolitischen Landschaft.
Im Dezember 1974 erkannte der Juso-Bundesausschuss die Hochschulgruppen als Projektgruppe der Jusos an und erließ zugleich Richtlinien für deren Organisation. Über Namensgebung und -entzug sollten demnach die Juso-Bezirke entscheiden. Höchstes Beschlussgremium sollte ein zweimal jährliches Bundeskoordinierungstreffen (BKT) sein, beim Juso-Bundesvorstand wurde ein „Arbeitskreis Hochschule“ eingerichtet, dessen Mitglieder vom BKT gewählt wurden und der quasi die Aufgabe eines Hochschulgruppen-Bundesvorstandes wahrnahm. Ende der 1980er Jahre wurde der Arbeitskreis in „Bundeskoordinierungsausschuss (BuKA)“ umbenannt, Ende der 1990er Jahre schließlich in Bundesvorstand.
1975 traten einige SHB-Gruppen zu den Juso-Hochschulgruppen über und organisierten sich als Freudenberger Kreis, der weiterhin die Stamokap-Theorie vertrat. Damit waren alle drei linken Juso-Strömungen – der undogmatisch-reformsozialistische Mehrheitsflügel, der antirevisionistische und der Stamokap-Flügel – bei den Hochschulgruppen vertreten. 1989/1990 traten weitere SHB-Mitglieder und -Gruppen zu den Juso-Hochschulgruppen über – teils aus Protest gegen die halbherzige Stellungnahme der SHB-Führung gegen das Tiananmen-Massaker, teils im Zuge der Auflösung des SHB nach dem Mauerfall 1989.
1991 schloss sich der Bund Sozialdemokratischer Studierender (BSDS), der im Dezember 1989 im Zuge der Wende in der DDR entstanden war, mit den Juso-Hochschulgruppen zusammen.[6]
Strukturen
Die Juso-Hochschulgruppen sind lokal an den einzelnen Hochschulen organisiert und entsenden zweimal pro Jahr bis zu zwei quotierte Delegierte zum Bundeskoordinierungstreffen (BKT). Diese können dort stellvertretend für ihre Hochschulgruppe abstimmen. Zur Koordination der Arbeit auf Landesebene wählen die Hochschulgruppen in den einzelnen Bundesländern auf dem jeweiligen Landeskoordinierungstreffen (LKT) einmal jährlich eine Landeskoordination, die aus ein bis vier Personen besteht.
Die Juso-Hochschulgruppen sind formalrechtlich kein eigenständiger Verband, sondern eine Untergliederung der SPD bzw. ihres Jugendverbandes, der Jusos.Die Mitgliedschaft bei den Juso-Hochschulgruppen ist nicht an eine SPD-Parteimitgliedschaft gebunden, jedoch ist der Anteil der SPD-Mitglieder bei den Juso-Hochschulgruppen groß.[7]
Zur Koordination auf Bundesebene und Vertretung gegenüber der Öffentlichkeit wählt das Bundeskoordierungstreffen einmal jährlich einen fünf- bis neunköpfigen Bundesvorstand,[1] der bis Ende der 1990er Jahre die Bezeichnung „Bundeskoordinierungsausschuss“ trug. Zur inhaltlichen Unterstützung und Beratung wählt das BKT einen Beirat aus Vertreterinnen und Vertretern nahestehender Organisationen und der SPD-Bundestagsfraktion, darunter der ehemaligen Wissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn.[8] Auch der hauptamtliche Bundesgeschäftsführer wird vom BKT gewählt.
Der Bundesverband der Juso-Hochschulgruppen erhält Gelder, Räumlichkeiten und eine Personalstelle beim SPD-Bundesverband. Die Juso-Hochschulgruppen werden zudem vom Verein Demokratie und Hochschule (VDUH) unterstützt. Der Verein besteht aus ehemaligen Mitgliedern der Juso-Hochschulgruppen und unterstützt den Verband mit Know-how und Geldern. Die Mitgliedschaft in diesem Verein ist nicht an eine Mitgliedschaft in der SPD oder den Juso-Hochschulgruppen gebunden.[9]
Innerhalb des Verbands gilt eine sogenannte „harte“ Frauenquote, d. h. Redelisten, Vorstände und Delegationen müssen gleich viele Frauen wie Männer aufweisen.
Inhalte
Die Juso-Hochschulgruppen folgen in ihrer politischen Arbeit den drei Grundwerten Sozialismus und Internationalismus. Sie machen sich nicht nur für bildungs-, sozial- und wissenschaftspolitische Veränderungen stark, sondern betrachten seit jeher gleichzeitig die gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge. So trat man für eine „arbeitnehmerorientierte Wissenschaft“ ein und gründete in den Achtzigern die Initiative „Gesellschaftswissenschaftler für die 35-Stunden-Woche“.
Die hochschulpolitischen Schwerpunkte der heutigen Verbandsarbeit sind der Einsatz für das gebührenfreie Studium, mehr Durchlässigkeit im gesamten Bildungssystem, die Ausweitung des BAföG, die Gleichstellung aller Geschlechter, die Demokratisierung der Hochschulen, gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft, eine kritische Wissenschaft und eine qualitative Studienreform. Die Juso-Hochschulgruppen setzen sich unter anderem für diskriminierungsfreie Räume, konsequente Aufarbeitung an Hochschulen und eine Reform der Hochschul- und Studienfinanzierung.
Neben den klassischen hochschulpolitischen Themen arbeitet der Verband auch zu allgemeinpolitischen Themen. In den vergangenen Jahren wurden unter anderem Politikfelder, wie die Wohnungs- und Mobilitätspolitik, der Kampf gegen Antisemitismus, die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft oder die Innenpolitik, entlang der inhaltlichen Grundsätze des Verbandes (Sozialismus, Feminismus, Internationalismus) bearbeitet.
Literatur
Philipp Breder, Marieke Reiffs, Kerstin Rothe, Mareike Strauß (Hrsg.): Studium, StuPa, Streik! Die Juso-Hochschulgruppen und ihre Geschichte. Schüren Verlag, Marburg 2018, ISBN 978-3-7410-0261-8.
↑Bundeskoordinierungstreffen der Juso-Hochschulgruppen: Aufstehen, Welt verändern! Das Arbeitsprogramm der Juso-Hochschulgruppen 2016/2017. 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. November 2017; abgerufen am 15. November 2017.
↑Siehe: Ergebnisse der 13. o. BDV, 3.5. Nov. 1972. Grundsatzprogramm – Grundsatzerklärung – Satzung – Beschlüsse, Bonn 1972, S. 28f.; dazu kritisch: Johannes Nikolaus Rückher, Die Achtundsechziger-Bewegung und die Medizinische Fakultät der Universität Bonn, Göttingen 2013, S. 244.
↑Siehe z. B.: SOAK (Hrsg.), Thesen zur Strategie der Juso : Jungsozialisten in der SPD, Bezirk Hannover, Wunstorf 1972.