Johann Pachelbel wurde am 11. September 1653 in Nürnberg evangelisch getauft. Seine Eltern waren der Flaschner und Weinhändler Johann „Hans“ Pachelbel (* 1613 in Wunsiedel) und dessen zweite Gattin Anna Maria, geborene Mair. Er fiel schon früh durch seine musikalische und wissenschaftliche Begabung auf. Das Studium an der Universität Altdorf bei Nürnberg musste er im Jahr 1669 nach neun Monaten aufgeben, da sein Vater in finanzielle Probleme geriet und sein Haus verpfänden musste. Johann Pachelbel besuchte in der Folgezeit das evangelisch-lutherischeGymnasium poeticum in Regensburg, an dem Musik das Lehrfach mit den meisten Stunden war.
Wien, Eisenach, Erfurt
Im Jahr 1673 ging Pachelbel nach Wien. 1677 wurde er herzoglicher Hoforganist in Eisenach. Warum er Eisenach nach kurzer Zeit wieder verließ, ist in der Forschung bisher ungeklärt geblieben, womöglich aus materiellen Gründen.[3] 1678 wechselte er als Organist an die Predigerkirche Erfurt, womöglich auf Vermittlung der mit ihm befreundeten und weit verzweigten Thüringer Musikerfamilie Bach.[3] Dort gab er unter anderem dem älteren Bruder Johann Sebastian Bachs, Johann Christoph Bach, Orgelunterricht. In Erfurt heiratete Johann Pachelbel 1681 Barbara Gabler, die ebenso wie ihr gemeinsamer Sohn im Oktober 1683 an der Pest starb. Im Folgejahr heiratete er Juditha Dommer, die Tochter eines Kupferschmieds.[3] Sie bekamen sieben Kinder, darunter die Malerin Amalia sowie die Söhne Wilhelm Hieronymus und Carl Theodorus, die ebenfalls Musiker waren. Carl Theodorus wanderte 1730 nach Amerika aus.
1695 ging Pachelbel zurück in seine Heimatstadt Nürnberg, wo er als Organist von St. Sebald Nachfolger des verstorbenen Georg Caspar Wecker wurde. Dort entstand im Jahr 1699 seine bedeutsame Variationen-Sammlung für Tasteninstrument (Cembalo bzw. Orgel) Hexachordum Apollinis. Pachelbel starb am 3. März 1706 im Alter von 52 Jahren. Er ist auf dem Rochusfriedhof in Nürnberg beerdigt.
Werke
Pachelbel war einer der wichtigsten Komponisten der süddeutschen Orgeltradition, durch die Ausbildung bei den Kindermann-Schülern Georg Caspar Wecker und Heinrich Schwemmer in der Nürnberger Orgelschule zu lokalisieren.[4] Pachelbels Orgelwerke umfassen Choralbearbeitungen, Orgelchoräle und Choralvariationen sowie freie Orgelwerke (Toccaten, Ciaconen, Fantasien und Fugen). Bekannt sind vor allem seine Choralbearbeitungen mit einer Vor-Imitation der einzelnen Motive in den Begleitstimmen, wobei die langsamere Hauptstimme wenig verziert wird.[5] Die Fugen entsprechen bereits weitgehend der nach dem Beispiel von Johann Sebastian Bach beschriebenen idealtypischen Ausprägung mit Exposition des Themas in allen Stimmen ohne Engführung gefolgt vom Wechsel aus frei gestalteten Abschnitten und weiteren Durchführungen des Themas.[6] Viele Werke, die als Orgelwerke geführt werden, können auch ohne Pedal realisiert werden.[7]
Bekannt ist auch seine 1699 veröffentlichte Sammlung Hexachordum Apollinis, die aus sechs Arien und Variationen für Cembalo oder Orgel besteht. Die 21 Suiten für Cembalo stehen in 17 verschiedenen Tonarten, womit sich Pachelbel als Neuerer ausweist, der die Modifikationen des Stimmungssystems zur Darstellung von mehr möglichen Tonarten nutzte.[8] Er veröffentlichte auch eine Sammlung Musicalische Ergötzung mit sechs Parthien für 2 Violinen und Basso continuo, wo er, wie andere Komponisten seiner Zeit, die Skordatur verwendet.[7]
Pachelbels geistliches Werk umfasst Motetten, Kantaten, Magnificat-Vertonungen und geistliche Konzerte. In den Vokalwerken wird seine Vorliebe für Klarheit und Unkompliziertheit besonders deutlich,[7] statt Ambitionen in Bezug auf Polyphonie konzentriert sich Pachelbel auf Textsinn, der sich auch in drastischen Wortausdeutungen ausdrückt.[9] Oft verwendet Pachelbel in Tradition der venezianischen Mehrchörigkeit zwei Chöre,[10] ein Beispiel ist das Magnificat in D PWV 1505.[9] Allerdings ist abgesehen von der Psalmmotette die Chormotette nicht mehr selbstverständlicher als Concerto und Kantate, die auch in Süddeutschland die Chormotette verdrängten.[11]
Pachelbels populärstes Werk ist der Kanon aus Kanon und Gigue in D-Dur. Es handelt sich um den einzigen von Pachelbel komponierten Kanon, er ist deshalb nicht repräsentativ für sein Gesamtwerk. Pachelbel erreicht hier kontrapunktische Meisterschaft mit mäßigem technischem Anspruch.[8] Vom Kanon in D existieren heute zahllose Aufnahmen, Versionen und Bearbeitungen.
Pachelbel gilt mit der Formung von einfallsreichen aber immer harmonisch eingebundenen kontrapunktischen Motiven als ein Wegbereiter des wenige Jahrzehnte später wirkenden Johann Sebastian Bach.[4] Bachs Kantate Christ lag in Todesbanden BWV 4 ähnelt dem gleichnamigen Werk Pachelbels, auch die Imitation von Choralmotiven zeigt den Einfluss des älteren Komponisten.[8]
Ehrungen
In Nürnberg wird seit 1968 bei einem Orgelwettbewerb für Nachwuchsorganisten der Johann-Pachelbel-Preis verliehen. Die staatliche Realschule III (im Südwesten Nürnbergs) ist nach dem Komponisten benannt.[12]
Eine Gedenkplatte an Pachelbels Grab auf dem Rochusfriedhof in Nürnberg würdigt ihn als einen „Vorläufer Joh. Seb. Bachs“.
An der Außenfassade des Westchores der Sebalduskirche in Nürnberg wurde am 30. September 2018 eine Gedenktafel für Johann Pachelbel enthüllt, die durch eine Spende des Rotary-Clubs Nürnberg-Kaiserburg ermöglicht und von dem Augsburger Künstler Helmut Ulrich geschaffen wurde. Der Text endet mit den lateinischen Worten Musica praeludium vitae aeternae („Die Musik ist das Vorspiel zum ewigen Leben“).
Grabmal mit Gedenkplatte auf dem Rochusfriedhof in Nürnberg
Gedenktafel an St. Sebald in Nürnberg
Die Gedenktafel an der Sebalduskirche
Werke-Verzeichnis
Das Pachelbel-Werke-Verzeichnis (PWV) wird seit 2006 von der Musikwissenschaftlerin Katharina Larissa Paech erstellt.[13]
Franz Krautwurst: Johann Pachelbel (1653–1706). In: Fränkische Lebensbilder. Neue Folge der Lebensläufe aus Franken. Band 12. Kommissionsverlag Degener, Neustadt/Aisch 1986, ISBN 3-7686-9093-8, S. 123–141.
Katharina Larissa Paech: Johann Pachelbels geistliche Vokalmusik. In: De musica disserenda, IV/2 (2008), S. 43–64 (Digitalisat).
Jean M. Perreault: The thematic catalogue of the musical works of Johann Pachelbel. Scarecrow Press, Lanham, Md. 2004, ISBN 0-8108-4970-4.
Kathryn Jane Welter: Johann Pachelbel: Organist, Teacher, Composer. A Critical Reexamination of His Life, Works, and Historical Significance. Michigan UMI Dissertation Services, Ann Arbor 2001.
Alfred Baumgartner: Propyläen Welt der Musik – Die Komponisten – Ein Lexikon in fünf Bänden. Band4. Propyläen Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-549-07830-7, S.221f.
Orgelnoten bei classical-sheet-music.eu: Präludien in EG und g, Toccata in C und e, Fantasia in g, Fuge in a, Choralvorspiel „Alle Menschen müssen sterben“ (alle PDFs weniger als 200 kB)
↑Das Aussprachewörterbuch des Duden-Verlags gibt drei Aussprachevarianten des Nachnamens an: [ˈpaxɛlbl̩], [ˈpaxl̩bɛl] und [paˈxɛlbl̩]. Duden – Das Aussprachewörterbuch, 7. Auflage, 2015, S. 658.
↑ abcdChristian Bürger: Johann Pachelbel und seine Zeit in Erfurt. Artikel im Blog Der Leiermann, abgerufen am 3. Oktober 2022.
↑Donald Jay Grout, Claude V. Palisca: A history of western music. 5th edition. Norton & Company 1996, S. 364.
↑Kordula Knaus: Musikgeschichte „Barock“. Bärenreiter, Kassel et al. 2023, S. 87f.
↑ abcEwald V. Nolte, John Butt: Pachelbel [Bachelbel], Johann. In: Grove Music Online. Oxford Music Online. Oxford University Press, Version: 20. Januar 2001. http://www.oxfordmusiconline.com.
↑ abcThomas Seedorf: Pachelbel, Johann. In: Horst Weber (Hrsg.): Metzler Komponistenlexikon. Metzler, Stuttgart/Weimar 1992, S. 561f, hier 561.
↑ abWolfgang Hochstein: Geistliches Konzert und Dialogkomposition. In: Ders. (Hrsg.): Geistliche Vokalmusik des Barock. Teilband 1. Laaber-Verlag, Laaber 2019 (= Handbuch der Musik des Barock, Band 2/1), ISBN 978-3-89007-872-4, S. 7–19, hier 277.
↑Donald Jay Grout, Claude V. Palisca: A history of western music. 5th edition. Norton & Company 1996, S. 353.
↑Gustav A. Krieg: Die Chormotette. In: Wolfgang Hochstein (Hrsg.): Geistliche Vokalmusik des Barock. Teilband 2. Laaber-Verlag, Laaber 2019 (= Handbuch der Musik des Barock, Band 2/2), ISBN 978-3-89007-872-4, S. 20–45, hier 36f.