Johann Ludwig Christ war der Sohn eines fürstlichen Schreibers in Öhringen und studierte in Tübingen, Erlangen und Altdorf bei NürnbergTheologie, betrieb aber auch mathematische Wissenschaften. Als Prediger war er ab 1764 in dem heute zu Frankfurt gehörenden Bergen tätig, ab 1767 in Rüdigheim (heute Neuberg), 1776 in Rodheim (Stadtteil von Rosbach v. d. Höhe) und schließlich als lutherischer Pfarrer von 1786 bis zu seinem Tod in Kronberg im Taunus.
Neben seinem Beruf beschäftigte er sich in Theorie und Praxis intensiv mit verschiedenen Zweigen der Landwirtschaft, vor allem Obstbau und Bienenzucht. Er betrieb ausgedehnte Baumschulen und förderte durch Schulungen der Kleinbauern die Obstpflanzungen bei Kronberg, verfasste aber auch eine große Zahl von Schriften über den Obstanbau. Seine ausführlichen Arbeiten waren gleichermaßen fachlich fundiert, so dass sie über lange Jahre als Standardwerke der Pomologie galten, wie auch praxisnah geschrieben, wodurch sie eine ausgesprochene Popularität erzielten und ihm die Bezeichnung „Obstpfarrer“ einbrachten. Er beschäftigte sich auch mit technischen Aspekten, so erfand er einen Dörrofen „mit zirkulirenden Rauchgängen“ (1790), von denen in Kronberg entlang der Stadtmauer noch einige erhalten sind. In seiner 1791 veröffentlichten insektenkundlichen Schrift beschrieb er zahlreiche neue Arten der Hautflügler, wie die Gallische Wespe. Diesem Werk lagen teilweise erstmals Beobachtungen der lebenden Insekten zugrunde, die der Wissenschaft vorher nur anhand von Sammlungsstücken bekannt waren. Christ war nicht nur einer der bedeutendsten Pomologen und Bienenkundler seiner Zeit, sondern sah sich vor allem als volksnaher Lehrer, nicht zuletzt, um das karge Einkommen der Kleinbauern zu verbessern.
Sein Ziel war es, die Obstbaukunde dem einfachen Volk näherzubringen, was ihm letztlich mit großem Erfolg gelang. In Kronberg selbst hatte er auch Gegner. Als sich Johann Klör 1791 bei einem Kronberger Bürger auf dem Weg zu einem Besuch nach ihm erkundigte, erhielt er die Auskunft, dass sein Weg vergebens sei, da Christ zwar schöne Bücher über den Obstbau und die Bienenzucht schreiben könne, aber praktisch nichts davon verstehe.[2]
Genaue und deutliche Beschreibung des vorzüglichsten Dörrofens mit zirkulirenden Rauchgängen, nach Zoll und Werkschuen des Rheinländischen Maasstabs, ca. 1790.
Naturgeschichte, Klassification und Nomenclatur der Insekten vom Bienen, Wespen und Ameisengeschlecht, 1791 (Digitalisat).
Helmut Bode: Johann Ludwig Christ. Pfarrer, Naturforscher, Ökonom, Bienenzüchter und Pomologe 1739–1813. Kramer, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-7829-0291-2.
Theophil Gerber: Persönlichkeiten aus Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau und Veterinärmedizin – Biographisches Lexikon. NORA Berlin, 4. erw. Aufl. 2014, ISBN 978-3-936735-67-3, S. 118–119.
Johann Ludwig Christ. Pfarrer in Rodheim 1776 - 1786 (Rodheimer Hefte, Nr. 11). Rodheimer Geschichts- und Heimatverein e.V., Rosbach-Rodheim 2022.