Die Eltern von Johann Liss waren vermutlich Maler im Dienst des Herzogs von Holstein-Gottorf und sorgten für seine erste Ausbildung. Früh verließ er seine Heimat. Von 1614 bis 1619 lebte er in Amsterdam, Haarlem und Antwerpen. Um 1620 reiste er über Paris nach Italien, arbeitete zunächst in Venedig und ließ sich um 1622 in Rom nieder, wo er sich den Nachfolgern Caravaggios anschloss. Um 1627 kehrte er nach Venedig zurück und übernahm den Auftrag für ein großes Altarbild, die Inspiration des Hl. Hieronymus, in San Nicolò da Tolentino, das noch heute dort zu sehen ist. Liss starb an der 1629 in Venedig ausgebrochenen Pest.
Infolge seines frühen Todes hat er nur ein kleines Lebenswerk hinterlassen. Er war ein passionierter Figurenmaler, der ebenso mythologische wie biblische Themen schätzte. Nach Joachim von Sandrart, der mit Liss ab 1628 eine Zeitlang in Venedig zusammenlebte, habe Liss wohl nie eine feste Anstellung angestrebt und führte einen unsteten Lebenswandel mit ungewöhnlicher Arbeitsweise, indem er „oft zwei drei Nächte außer Haus“ (war) und anschließend nächtelang arbeitete, wobei er kaum Schlaf bekam und wenig zu sich nahm. Warnungen, dass er sich gesundheitlichen Schaden zufüge, habe er ausgeschlagen.
Liss pflegte einen ganz eigenen, sehr malerischen und koloristischen Stil, der überwiegend von der venezianisch geprägten Barockmalerei beeinflusst ist, von Vorbildern wie Tizian, Rubens und Domenico Fetti.[1] Seine künstlerische Wirkung hat sich erst im 18. Jahrhundert, besonders in Venedig (Sebastiano Ricci, Piazzetta, Tiepolo) entfalten können.
Werke
Salmacis und Hermaphroditus (Badende Nymphen), Gemälde (Leinwand), 104,5 × 95 cm, Schaezlerpalais, Augsburg
Die Entrückung des heiligen Paulus, Gemälde (Leinwand), 81,8 × 60,5 cm, Gemäldegalerie, Berlin
Beim Zahnausreißer, Gemälde (Leinwand), 129 × 96,5 cm, Kunsthalle, Bremen
Lars Olof Larsson: Wege nach Süden, Wege nach Norden: Aufsätze zu Kunst und Architektur. S. 169 ff. ([1])
Eckhard Leuschner: Cephalus gibt sich Procris zu erkennen: zu einer Radierung des Johann Liss. In: Ovid: Werk und Wirkung. Festgabe für Michael von Albrecht zum 65. Geburtstag, Bd. II, Frankfurt/Main 1999, S. 1123–1131.
In Oldenburg in Holstein wurde die Realschule nach Johann Liss benannt. Nach der Zusammenlegung der Realschule mit der Hauptschule und Grundschule wurde der Name nicht weiter verwendet. Seitdem heißt die Gemeinschaftsschule Wagrien-Schule. Lediglich das ehemalige Hauptgebäude der Realschule behielt den Namen Johann.