Jan Fleischhauer wurde 1962 in Osnabrück geboren. Sein Vater, der Kunsthistoriker und Journalist Dietrich Fleischhauer, war Korrespondent des Norddeutschen Rundfunks (NDR) und hatte 1960 die Leitung des neu eingerichteten Osnabrücker NDR-Studios übernommen.[2] Später wurde er Pressesprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des NDR in Hamburg und Geschäftsführer der Deutschen Fernsehlotterie.[3][4][5] Seine Mutter, Inge Fleischhauer, trat 1969 in die SPD ein.[6]
Fleischhauers erstes Buch Unter Linken erschien 2009. Darin begründete er seine Entwicklung zum Konservativen mit dem Dogmatismus seines sozialdemokratischen Elternhauses und ähnlicher Milieus. Unter Linken wurde zum „meistverkauften politischen Sachbuch des Jahres“.[24] Fleischhauer schrieb zum Buch einen Themen-Blog.[25]
Im Mai 2012 erschien Fleischhauers zweites Buch Der schwarze Kanal – Was Sie schon immer von Linken ahnten, aber nie zu sagen wagten, eine Sammlung von leicht überarbeiteten Texten aus der Kolumne bei Spiegel Online. In seinem 2017 erschienenen autobiografischen Buch mit dem Titel Alles ist besser als noch ein Tag mit dir stellte Fleischhauer die Probleme nach seiner Scheidung im Sommer 2011 in einer literarisierten Schilderung dar.[26]
Zwischen Januar 2011 und Juni 2019 schrieb er für Spiegel Online die KolumneDer Schwarze Kanal,[28] die ab Mai 2014 auch in die Print-Ausgabe übernommen wurde. Dort wechselte er sich mit Jakob Augstein und Markus Feldenkirchen ab,[29] seit Ausgabe 45 im Jahr 2018, die Ende Oktober erschien, nur noch mit Feldenkirchen. Mit Augstein hatte er bis 2018 die Videokolumne Das Duell – Augstein kontra Fleischhauer.[30] Der Titel der Kolumne spielt auf die propagandistische DDR-Fernsehsendung Der Schwarze Kanal mit Karl-Eduard von Schnitzler sowie auf die Assoziation der Farbe Schwarz mit der Union bzw. dem konservativen Spektrum an.
Nach achteinhalb Jahren endete im Juli 2019 Der schwarze Kanal auf Spiegel Online und wird seither im Focus fortgesetzt.[35] Von einigen Medien wurde der Wechsel mit der Beobachtung kommentiert, dass Fleischhauers konservative Positionen der politischen Ausrichtung des Focus weniger entgegengesetzt seien als der des Spiegel.[36] Die Kolumne wird samstags veröffentlicht, aber bereits mittwochs geschrieben, da das Magazin donnerstags Redaktionsschluss hat.[37] Fleischhauer hatte Videokolumnen auf Bunte.de und Focus Online. Seit Mai 2021 moderiert er mit Carolin Blüchel jeden zweiten Donnerstag das Talkformat Ist das euer Ernst? auf Focus Online. Blüchel konnte nach eigenen Angaben in zwei Jahren trotz zahlreicher Einladungen keinen Politiker der Grünen für die Sendung gewinnen.[38]
Podcasts
Von April bis Juli 2020 moderierte er zusammen mit Jakob Augstein jeden Mittwoch den Podcast The Curve, dessen Titel auf die Verlaufskurve der Infektionen während der COVID-19-Pandemie anspielte.
Von Februar bis März 2021 moderierte er den Focus-Podcast Die falschen Fragen, zunächst mit Esra Karakaya, dann mit Phenix Kühnert.[39] Nach drei Folgen beendete Fleischhauer den Podcast mit der Begründung, die Gesprächspartnerinnen hätten sich aufgrund negativer Reaktionen in Sozialen Medien aus dem Projekt zurückgezogen.[40]
Film und Fernsehen
2010 war Fleischhauer im Dokumentarfilm Unter Linken – der Film auf Spiegel TV zu sehen, der auf seinem Buch Unter Linken basiert. Der Film verwendete Methoden des Filmemachers Michael Moore und zeigt unter anderem Interviews mit Frank Bsirske und Christian Ströbele.[41] 2014 war Fleischhauer Co-Autor des Sat.1-Films Der Rücktritt über die Affäre um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff.[42] Von April 2020[43] bis Juni 2023 moderierte er die wöchentliche Fernsehsendung Fleischhauer – 9 Minuten Netto auf ServusTV. Das Format wurde auch als Podcast angeboten. Seit 2022 wird Fleischhauer regelmäßig als Kommentator bei Welt TV interviewt.[44] Eine Ankündigung, dass er eine wöchentliche Late-Night-Show mit dem Titel Fleischhauers Welt beim Portal Nius übernehmen soll,[45] wurde zurückgezogen.[46]
1996 schrieb Fleischhauer einen kritischen Artikel über Ungereimtheiten in der Biografie des FAZ-Herausgebers Frank Schirrmacher, darunter die Umstände der literaturwissenschaftlichen Promotion bei Hans Ulrich Gumbrecht 1988.[51] Der Artikel sorgte für eine breite Diskussion über Schirrmachers Glaubwürdigkeit, der Schriftsteller Eckhard Henscheid verarbeitete die biografischen Details 1998 in seiner Schlüsselerzählung 10:9 für Stroh. Laut Michael Angele stammt der ohne Autorennamen abgedruckte Artikel mit der Überschrift Überflieger im Abwind von Fleischhauer, was dieser Schirrmacher erst im Nachhinein erzählte. Der Artikel basierte auf einem Dossier, das der Medienwissenschaftler Rembert Hüser an den Spiegel geschickt hatte. Während sich Chefredakteur Stefan Aust, der mit Schirrmacher befreundet war, gegen den Artikel einsetzte, sorgte Herausgeber Rudolf Augstein für seine Veröffentlichung. Er erklärte Fleischhauer auf dessen Frage, ob der Artikel auch ungekürzt erscheine: „Herr Fleischhauer, das Schwert der Guillotine darf nicht zu kurz sein!“[52] Fleischhauer zitiert den Satz in der Einleitung seines Buchs How dare you![27]
Im März 2019 kritisierte der Satiriker und Fernsehmoderator Jan Böhmermann, dass Fleischhauer an Matthias Matusseks Feier seines 65. Geburtstags teilgenommen hatte.[65] Diese geriet in die Kritik, da unter den Gästen auch Vertreter der Neuen Rechten waren, darunter ein vorbestraftes Mitglied der Identitären Bewegung und Dieter Stein, Verleger der Wochenzeitung Junge Freiheit.[66] Fleischhauer erwiderte in seiner Kolumne die Kritik mit der Frage, ob man Freundschaften, die früher oder zufällig entstanden seien, deswegen beenden müsse, wenn sich die politischen Ansichten unterschiedlich entwickeln würden.[67] Matussek erklärte später, er sei nicht mehr mit Fleischhauer befreundet, nachdem dieser ihn für verrückt erklärt habe.[68]
Im April 2020 kritisierte der Medienjournalist Stefan Niggemeier in einem Artikel bei Übermedien Fleischhauers Einlassungen zur Corona-Pandemie. In seinem Podcast mit Jakob Augstein verweigere sich Fleischhauer einer journalistischen Recherche zu Höhe und Bedeutung der für politische Entscheidungen maßgeblichen Reproduktionszahl und stelle stattdessen nur Fragen, ohne an ernsthaften Antworten interessiert zu sein.[69] Fleischhauer erwiderte mehrfach, es sei ihm trotz zahlreicher Recherchen und Gesprächen mit Wissenschaftsjournalisten nicht gelungen, den vom Robert Koch-Institut ausgegebenen Wert genau zu ermitteln. In einem Interview gab er an, ein sehr guter Schüler in Mathematik gewesen zu sein, und forderte Niggemeier scherzhaft dazu auf, sein Mathematik-Abitur zu veröffentlichen.[70]
Rezeption in der Populärkultur
In der von Lann Hornscheidt ausgelösten Debatte um geschlechtergerechte Sprache 2014 nannte der Autor Robin Detje Fleischhauer und dessen Kollegen Ulf Poschardt, Harald Martenstein und Matthias Matussek eine publizistische Macht, die er als „Ulfharaldjanmatthias“ bezeichnete.[71] Im Stück Wenn du tanzt der Band Von Wegen Lisbeth (2016) heißt es: „Ackermann, Merkel, Jan / Fleischhauer, Voldemort / Nette Menschen, wenn du tanzt“.[72] Das Musikvideo zum Song Linksradikale (2019) der Band Egotronic spielt auf die Geburtstagsfeier von Matthias Matussek an, für deren Besuch Fleischhauer kritisiert wurde.[73]
In der Fernsehsendung Neo Magazin Royale von Jan Böhmermann trat Sidekick Ralf Kabelka bis 2019 mehrfach in der Rolle des Spiegel-Online-Kolumnisten Ralf Flauscheier auf. In den lose an Fleischhauers konservative Positionen angelehnten Einspielern wurde eine übertrieben sexistische Sprache verwendet.[74] In der ersten Sendung des ZDF Magazin Royale 2020 sandte Fleischhauer einen Videogruß.[75] 2023 trat Böhmermann in der Sendung als Jan Flauscheier auf.[76]
Die Wochenzeitung Freitag stellte in ihrem von Jan C. Behmann entworfenen Fragebogen Der Kommunismus ist …? regelmäßig Prominenten die Frage „Jan Fleischhauer oder Margarete Stokowski?“.[77] Die Entscheidungsfrage spielt darauf an, dass die Kolumnen von Fleischhauer und der feministischen Autorin Stokowski (früher beide bei Spiegel Online) als politisch entgegengesetzt gesehen werden. Arno Frank bemerkte 2020 in einem Artikel für Taz.Futurzwei unter der Überschrift „Fleischhauer oder Stokowski?“, die beiden stünden sich „wie verfeindete Meinungswarlords“ gegenüber.[78]
Matthias Matussek beschreibt Fleischhauer in seinem 2023 erschienenen autofiktionalen Roman Armageddon im Kapitel „Auftritt Jan Fleischhauer“.[79]
↑Vgl. den Lebenslauf im MS der Mag.-Arb.: Jan Fleischhauer: Gespenster und Gespenstertheorien 1740–1820. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des „Unsichtbaren“ unter besonderer Berücksichtigung der Aufklärung. (Hamburg, Univ., Mag.-Arb., 1988), S. 103. https://kataloge.uni-hamburg.de/DB=1/XMLPRS=N/PPN?PPN=040589102
↑Magisterarbeit Gespenster und Gespenstertheorien 1740–1820. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des „Unsichtbaren“ unter besonderer Berücksichtigung der Aufklärung. Universität Hamburg 1988, 206 S. (Eintrag im OPAC Uni Hamburg).
↑Jan Fleischhauer: Jetzt ist Schluss! In: spiegel.de. Der Spiegel, 13. Juni 2019, abgerufen am 22. September 2019.
↑Caspar Busse: Jan Fleischhauer wechselt zum „Focus“. In: sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung Digitale Medien / Süddeutsche Zeitung, 7. Mai 2019, abgerufen am 22. September 2019.
↑Jan Fleischhauer: Alles ist besser als noch ein Tag mit dir. Roman über die Liebe, ihr Ende und das Leben danach. Knauss Verlag, München 2017. (Vorabdruck eines Auszugs im Spiegel. 40/2017).
↑Jan Fleischhauer: Enteignet Altmaier! In: Spiegel 16/2019. 12. April 2019.
↑Kommentar von Raphael Thelen: Zimperlich sind die, die am Schreibtisch bleiben.Spiegel Online vom 2. September 2018, abgerufen am selben Tag; Zitat der Redaktion: „Der Kolumnist Jan Fleischhauer legt Wert auf die Feststellung, dass er vor einem halben Jahr aus München Schwabing nach Pullach gezogen ist und dort nicht in einem Altbau, sondern in einer Doppelhaushälfte lebt. Pullach ist ein Vorort von München.“
↑Jan Fleischhauer: Was man sagen darf - Festrede von Jan Fleischhauer beim Burschentag 2018, In: Burschenschaftliche Blätter, 133. Jahrgang (2018), H. 3, S. 124–126.
↑Jan Fleischhauer: Nazis rein - Fleischhauer-Kolumne. In: Der Spiegel. 18. Januar 2019, ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 2. Juli 2023]).
↑Sascha Lobo: Lobo antwortet Fleischhauer: Die Goldmedaille in Privilegien-Blindheit. In: Der Spiegel. 23. Januar 2019, ISSN2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 2. Juli 2023]).
↑Arno Frank: Krieg der Meinungen: Fleischhauer oder Stokowski? In: Die Tageszeitung. 26. März 2020, ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 31. März 2020]).