Jakob Gordin (auch Jakob Michailowitsch Gordin,Jacob Gordin, jiddisch: יעקבֿ גאָרדין Jankew Gordin; geboren am 1. Mai1853 in Mirgorod, Russisches Kaiserreich; gestorben am 11. Juni1909 in New York) war ein jiddischer Autor. Er schrieb über 70 Theaterstücke und war der meistgespielte Autor auf jiddischen Bühnen in den USA. Er schrieb als erster realistische Dramen in jiddischer Sprache. Gordin begründete in Amerika den Strang des „ernsthaften“ jiddischen Theaters, neben den unterhaltsamen Stücken von Abraham Goldfaden.[1] Auch viele jiddische Filme wurden nach seinen Stücken gedreht.
Jakob Gordin wurde 1853 in einer jüdischen Familie in Myrhorod in der heutigen Ukraine geboren. Seit 1870 veröffentlichte er Erzählungen in verschiedenen russischsprachigen Zeitungen. Er arbeitete als Landwirt und als Werftarbeiter in Odessa, als Schauspieler, Lehrer, sozialistischer Agitator und Journalist.
1879 gründete er in Elisabethgrad die Biblische Brüderschaft, eine Bewegung, die vom orthodoxen Judentum abrückte, den religiösen Vorstellungen Tolstois nachzufolgen versuchte und die Rückkehr zu physischer Arbeit propagierte.
Im Juli 1891 emigrierte er in die USA und schrieb dort für russische Zeitungen.
Er versuchte erfolglos den Aufbau einer Kolonie auf kommunistischer Grundlage.
Nach der Bekanntschaft mit dem jiddischen Theaterleiter Jacob Adler und dem bedeutenden Schauspieler Sigmund Mogulescu begann er in jiddischer Sprache und für das jiddische Theaters zu schreiben.
Jakob Gordin schrieb als erster realistische Dramen für jiddische Bühnen. Bis dahin wurden dort Stücke von Abraham Goldfaden und anderen aufgeführt, die das jiddische Theater zwar hervorgebracht hatten, aber das reale Leben der jüdischen Welt zu wenig berücksichtigten.
Daneben bearbeitete er eine Vielzahl der vorzüglichsten europäischen Dramen, wobei er deren Handlung oft in einem jüdischen Milieu ansiedelte.
Große Erfolge waren u. a. Der jidischer kenig Lier (1892) nach Shakespeare (Übertragung des Themas der undankbaren Kinder auf einen Generationenkonflikt zwischen traditionell denkenden und lebenden Eltern und ihren amerikanisierten Kindern), Mirele Efros (1898) und Got, mentsch un tajwl (1900) nach GoethesFaust.
Gordin adaptierte LessingsNathan der Weise,SchillersKabale und Liebe, Dramen von Ibsen, Molière, und schuf Theaterfassungen von Erzählungen von Tolstoi, Gogol und anderen.
Er schrieb auch Aufsätze über dramaturgische und schauspielerische Fragen und trug damit viel zur Hebung der jüdischen Schauspielkunst bei.
Vorübergehend leitete er zusammen mit Jacob Adler ein Theater, das hauptsächlich seine eigenen Stücke zur Aufführung brachte.
1909 starb Gordin in New York.
Seit 1912 erschienen Gordins Dramen auch in russischer Übersetzung und wurden auf russischen Bühnen mit großem Erfolg aufgeführt. Ab 1911 waren seine Dramen Vorlage für sehr viele jiddische Filme.
B. Gorin, Geschichte des jiddischen Theaters, New York 1918
Eugen Tannenbaum, Artikel Jakob Gordin. In: Jüdisches Lexikon Bd. II., Berlin 1927
Beth Kaplan: Finding the Jewish Shakespeare: The Life and Legacy of Jacob Gordin (= Judaic Traditions in Literature, Music, & Art). Syracuse University Press, Syracuse, NY 2007, ISBN 978-0-8156-0884-4
Barbara Henry: Rewriting Russia : Jacob Gordin's Yiddish drama, Seattle, Wash. [u. a.] : Univ. of Washington Press, 2011, ISBN 978-0-295-99133-7
Nina Warnke: Sibirya. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 5: Pr–Sy. Metzler, Stuttgart/Weimar 2014, ISBN 978-3-476-02505-0, S. 487–492.
Einzelnachweise
↑Edna Nahshon: The Yiddish Theater in America. A Brief historical Overview. In: Zachary M. Baker: The Lawrence Marwick Collection of Copyrighted Yiddish Plays at The Library of Congress. An Annotated Bibliography. Library of Congress, Washington, D.C., 2004, S. XIII.