Ilse Werner wurde als Ilse Charlotte Still auf Java im damaligen Niederländisch-Indien geboren. Ihr Vater Otto Still (1877–1956) war ein niederländischer Plantagenbesitzer und begüterter Exportkaufmann. Die Mutter Lilli (geb. Werner) stammte aus Offenbach am Main, wo die Eltern 1913 auch geheiratet hatten. Die Familie zog 1931 nach dem wirtschaftlichen Verlust der Plantage relativ verarmt nach Frankfurt am Main, wo Ilse die Schillerschule besuchte. 1936 verließ sie kurz nach Beginn der Untersekunda das Gymnasium und zog mit der Familie nach Wien. Dort besuchte sie die Schauspielschule des Max-Reinhardt-Seminars und führte seitdem den Künstlernamen „Ilse Werner“.
1947 heiratete Ilse Werner den amerikanischen Journalisten John de Forest in Wien[1], mit dem sie anschließend in München lebte[2]. Im Herbst 1949 ging sie mit ihm in die USA und lebte zunächst in New York und danach in Danville (Kalifornien)[3]. Im Frühjahr 1952 trennte sich das Paar, Werner ging zurück nach Deutschland[4]. Am 13. August 1954 heiratete Ilse Werner in zweiter Ehe den Komponisten Josef Niessen in Bad Wiessee,[5] der sich 1966 von ihr trennte[6].
Die letzten Lebensjahre verbrachte Ilse Werner zurückgezogen und verarmt in einem Lübecker Seniorenheim. Sie wurde von prominenten Freunden – unter anderem Karl Dall und Wolfgang Völz – unterstützt. Sie starb am 8. August 2005 im Alter von 84 Jahren an einer Lungenentzündung. Auf ihren eigenen Wunsch hin wurde Ilse Werner als ehemaliger Ufa-Star in Potsdam-Babelsberg am 24. August 2005 auf dem Friedhof an der Goethestraße bestattet.[7]
Karriere
1937 debütierte Ilse Werner im Theater in der Josefstadt in dem Stück Glück und erhielt in dem österreichischen Intergloria-Film Die unruhigen Mädchen (1938) ihre erste Kinorolle. Der Film wurde am 11. Februar 1938 in Wien uraufgeführt. Danach wurde Werner von der UFA unter Vertrag genommen. Der Film Wunschkonzert (1940) machte Ilse Werner zum Nachwuchsstar.
Kinobesuche ließen zu jener Zeit den Krieg zeitweilig vergessen. Beeindruckend gespielte Charaktere verhalfen daher der Darstellerin zu großer Popularität. Ilse Werner gewann viele Sympathien mit ihren Rollen in dem Jenny-Lind-EposDie schwedische Nachtigall (1941), in Helmut KäutnersWir machen Musik (1942) und in der Lügenbaron-Geschichte Münchhausen (1943). Ihre darstellerisch anspruchsvollste Rolle erhielt sie in Helmut Käutners Hamburg-Hommage Große Freiheit Nr. 7 (1944). Während des Krieges moderierte sie für den Fernsehsender Paul Nipkow die ein- bis zweimal wöchentlich live aus dem Kuppelsaal des Berliner Reichssportfeldes übertragene populäre Fernsehshow Wir senden Frohsinn – wir spenden Freude. Sie stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[8]
Ihr erster von Georg Wilhelm Pabst 1948 inszenierter Nachkriegsfilm Geheimnisvolle Tiefe erwies sich in künstlerischer und kommerzieller Hinsicht als Misserfolg. Auch mit den nachfolgenden Filmen konnte Werner nicht an alte Erfolge anknüpfen, da der von ihr bisher verkörperte Frauentyp mittlerweile aus der Mode gekommen war. Die Herrin vom Sölderhof (1955) war ihr letzter Kinofilm. Im selben Jahr nahm die gebürtige Niederländerin die deutsche Staatsbürgerschaft an.
Werner spielte in den Jahren danach vorwiegend auf der Bühne. Sie brillierte 1969/70 in ihrer Lieblingsrolle Anna in dem Musical Der König und ich im Stadttheater Bremerhaven (mit Ferdinand Dux als König von Siam). Des Weiteren trat sie mit Show- und Lieder-Programmen auf kleineren Bühnen auf und hatte immer wieder Auftritte in Fernsehshows und -serien.
1989 übernahm sie in der elfteiligen ZDF-Serie Rivalen der Rennbahn die Rolle der Tante Ella, die Schwester des von Hellmut Lange gespielten Wolf Kremer, den sie im Rennstall unterstützt. Nach diversen Rollen in Fernsehfilmen und -serien trat sie 1990 in Die Hallo-Sisters neben Harald Juhnke und Gisela May nochmals vor die Filmkamera, der Film wurde – in Ermangelung eines Filmverleihers – nur im Fernsehen gezeigt. 2000 spielte sie im Tatort: Bittere Mandeln die Großmutter des Kölner Hauptkommissars Freddy Schenk.
Der Komponist Werner Bochmann erkannte eine besondere musikalische Fähigkeit von Ilse Werner: ihr Pfeiftalent. So betätigte sie sich schon zu Anfang der 1940er Jahre als Schlagerinterpretin und Kunstpfeiferin. Diese Fertigkeit setzte Werner später ebenfalls als Musical-Sängerin ein. Die kleine Stadt will schlafen geh’n, Wir machen Musik, Mein Herz hat heut’ Premiere und der ihr 1960 ein Comeback verschaffende Hit Baciare sind mit ihrem Namen verbunden. Als Ilse Werner den Titel Sleigh Ride (Schlittenfahrt) von Leroy Anderson einspielen wollte, schrieb ihr der Komponist Martin Böttcher innerhalb von 56 Stunden das komplette Arrangement nach Anhören einer alten Schellackplatte, weil zu dieser Zeit keine Noten des Titels erhältlich waren.
In einer Aufnahme von Ohne Dich der Ärzte war sie mit einem Pfeif-Solo vertreten. Außerdem arbeitete sie mit Max Raabe zusammen, mit dem sie Es war einmal ein Musikus aufnahm. 2004 nahm sie gemeinsam mit dem Lisa Bassenge Trio eine neue Version von Wir machen Musik auf. Die Schwerter Operettenbühne führte September 2002 mehrfach eine Bühnenfassung des Films Es leuchten die Sterne auf, in der Werner am 13. und 14. September Gastauftritte hatte, bei denen sie sang und pfiff.
2011: Ilse Werner - Pfeifen muß ich (Sämtliche veröffentlichte Platten 1944–53 plus eine unveröffentl. Aufnahme. Edition Berliner Musenkinder, duo-phon.)
Singles
1940: Die kleine Stadt will schlafen geh’n / Wenn du einmal ein Mädel magst – Odeon, O-26435 a/b
1941: Ja, das ist meine Melodie / Keiner singt wie Eduard – Odeon
1941: Sing ein Lied – wenn du mal traurig bist – Odeon, O-26447
1942: Du und ich im Mondenschein / Das wird ein Frühling ohne Ende – Odeon, O-26467 a/b
1942: Wir machen Musik / Wann wirst du wieder bei mir sein? – Odeon, O-26543 a/b
1942: Ich hab Dich und Du hast mich … – Odeon, O-26544 b
1943: Otto / Wer pfeift was – Odeon, O-26624 a/b
1943: So geht’s nicht weiter! – Odeon, O-26575 a
1957: Südwind (Batavia Duo) – Heliodor (78 0094 A)
1957: Großstadt-Melodie / Siebenmal – Philips
1959: Eine Liebe ohne Ende / Baciare – Ariola
1959: Nur aus Verseh’n / Ein glückliches Mädchen – Ariola
1959: Nick Nack Song / Liebe (Love Is All We Need) – Ariola
1960: Capito / Ein bißchen Seligkeit – Ariola
1960: Das kann sich alles noch ändern / Cowboy, nimm deinen Hut – Ariola
1961: Kleiner Fink / Karussell d’Amour – Ariola
1961: Wir machen Musik / Ich hab’ dich und du hast mich – Odeon
1962: Oh Polly Ticca / Die piekfeine Lady – Ariola
1962: Tino, es liegt nicht am Vino / Tango-Taverne – Ariola
1963: Ich möchte auch mal nach Paris / Herzeli – Telefunken
1971: Was sind schon 50 Jahre / So war es – Ariola
1986: Die Sanduhr des Lebens / Musik wird’s immer geben – Esperanza
2003: Das Leben kann viel schöner sein (Duett mit Bert Beel) / Und über uns der Himmel (Solo) / Tanz mit mir durch die Nacht (Bert Beel) – Rubin Records, Maxi-CD
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 8: T – Z. David Tomlinson – Theo Zwierski. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 339 f.
Ilse Werner: Ich über mich. Kranich-Verlag, Berlin 1943.
Ilse Werner: So wird’s nie wieder sein. Ein Leben mit Pfiff. Ullstein-TB, 1996, ISBN 3-548-35636-2.