Die Herrschaft Kniphausen, bis ins 17. Jahrhundert auch Herrlichkeit von In- und Kniphausen genannt, war als reichsunmittelbares Territorium ein Teil Frieslands und wurde von friesischen Häuptlings- und Adelsfamilien regiert. Sie lag in der Östringer Marsch, am Stadtrand und zum Teil auf dem heutigen Stadtgebiet von Wilhelmshaven. Die Herrlichkeit entstand gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Erster Herr war der friesischeHäuptling Fulf (auch Folef) von In- und Kniphausen (etwa 1465–1530/31), der durch Erbschaft in den Besitz der BurgenInhausen und Kniphausen gelangte. Zu dieser Zeit umfasste die Herrlichkeit eine Fläche von etwa 45 km² mit den KirchspielenFedderwarden, Sengwarden und Accum.
1658 erhielt Anton I. von Aldenburg die Herrschaft Kniphausen zusammen mit Varel, das nach Übergang der Herrschaft an die gräfliche Familie von Aldenburg-Bentinck 1738 Hauptort und Regierungssitz wurde, als freies Grundeigentum. Anton I. war ein unehelicher, aber 1646 durch KaiserFerdinand III. legitimierter Sohn des Grafen Anton Günther von Oldenburg. Er wurde zum Reichsfreiherrn und später zum Reichsgrafen erhoben. Nach Aldenburgs Tod bekamen dessen Nachkommen durch das sog. Aldenburgischen Traktat am 12. Juli 1693 die Herrschaft Kniphausen bestätigt. Durch Heirat kam die Herrschaft dann an das Haus Aldenburg-Bentinck.[1]
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig endete die französische Oberherrschaft, noch im Oktober 1813 ließ der Graf Bentinck seine vormaligen Hoheitsrechte wieder ausüben. Am 25. November 1813 nahm der russische General Ferdinand von Wintzingerode Jever und Kniphausen für Russland in Besitz, am 20. Dezember 1813 folgte die provisorische Administration durch Oldenburg.
Dieser Zustand hielt bis zum 31. Juli 1826 an, durch das Berliner Abkommen vom 8. Juni 1825 endete die provisorische Verwaltung von Kniphausen. Dadurch und durch eine Convention vom 28. Februar 1834 entstand ein öffentlicher Rechtszustand, der die Herrschaft wieder in ursprünglicher Form aufrichtete und Kniphausen eine begrenzte Souveränität verschaffte. Im Mai 1848 wurde der Herrschaft sogar ein eigener Sitz in der Frankfurter Nationalversammlung zugebilligt. Das Mandat erhielt Hillart Cropp.[2] Dennoch gab es einen langen, zum Teil mit Gewalt ausgetragenen Streit Oldenburgs mit den Bentincks, den so genannten Bentinckschen Erbfolgestreit. Dieser Streit wurde erst 1854 mit einem Vergleich beendet, in dem die Familie Bentinck gegen eine Entschädigung auf ihre Rechte verzichtete. Die Vermittlung übernahm Preußen im Rahmen des Jade-Vertrags 1853, festgehalten in einem zunächst geheimen Zusatz-Artikel.[3] Die Herrlichkeit In- und Kniphausen wurde in das Großherzogtum Oldenburg eingegliedert und bildete dort das „Amt Kniphausen“, das 1858 im Amt Jever aufging. Das Amt Kniphausen bestand aus den drei Gemeinden Accum, Fedderwarden und Sengwarden.
Von 1933 bis 1948 gab es eine Großgemeinde Kniphausen, deren Gebiet sich mit dem der vormaligen Herrlichkeit zum Teil deckte.
Kniphauser Flaggen und Wappen
Flagge der Herrschaft Kniphausen 1689–1702
Flagge der Herrschaft Kniphausen 1702–1751
Flagge der Herrschaft Kniphausen 1835 (Rekonstruktion)
Flagge der Herrschaft Kniphausen 1835
Das Kniphauser Wappen
Wappen von Aldenburg-Bentinck
Münzprägung
Für die freien Herrschaften Kniphausen und Varel wurden zuletzt in den Jahren 1806 und 1807 Münzen geprägt. Die Stempelherstellung für die geplante Prägung der Goldmünzen (mit den Nominalen 10-, 5- und 2½-Taler), von denen es Probeabschläge gibt, erfolgte in Sankt Petersburg, die Prägung der 9-Grotemünzen mit einer Auflage von 16000 Stück, wurde schließlich im Jahr 1808 (aber mit der Jahreszahl 1807) in Utrecht durchgeführt.[4]
Wilhelm Doden: Der Stammtisch in Kniphausen. Roman. Isensee, Oldenburg 1987, ISBN 3-920557-70-0.
Albrecht Eckhard (Hrsg.): Geschichte des Landes Oldenburg. Ein Handbuch. 3., verbesserte und erweiterte Auflage. Holzberg, Oldenburg 1988. ISBN 3-87358-285-6.
Wilhelm Janßen: Burg und Schloß Kniphausen. Ein Versuch zur Rekonstruktion der Entstehungs- und Baugeschichte nach Urkunden und Akten. Sparkasse Wilhelmshaven, Wilhelmshaven 1977.
Robert-Dieter Klee: Das Ende einer Herrlichkeit. Kniphausen und Oldenburg vor 150 Jahren. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Bd. 77, 2005, ISSN0078-0561, S. 187–226.
Walter Ordemann: Die Herrlichkeit und Burg Kniphausen. Brune, Wilhelmshaven 1993.
Karl Veit Riedel: Graf Anton Günther – ein fürstlicher Baumeister? In: Peter Reindl (Red.): Anton Günther Graf von Oldenburg. 1583–1667. Aspekte zur Landespolitik und Kunst seiner Zeit. Landesmuseum Oldenburg, Oldenburg 1983 (Ausstellungskatalog), S. 35–60.
Georg Sello: Die territoriale Entwicklung des Herzogtums Oldenburg, in der Schriftenreihe Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Bd. 2, 3, ISSN0933-3320. Vandenhoeck & Ruprecht, Oldenburg 1917.
↑Waldemar Reinhardt: Der Jade-Vertrag von 1853 im Blickfeld der zeitgeschichtlichen Ereignisse mit einem Abdruck der Texte des Haupt- und Separatvertrages und der Zusatzartikel. Hrsg.: Küsten-Museum. Stadt Wilhelmshaven, 1978, S.12f.
↑Arnold, Küthmann, Steinhilber: Großer deutscher Münzkatalog von 1800 bis heute. 39. Auflage. Regenstauf, 2023. S. 243–244