Hermine Gartner (* 16. Oktober1846 in Wien; † 24. April1905 in Sori, Ligurien) war eine österreichische Malerin. Sie verwendete auch die Pseudonyme Antonius Hermann und Hermann Grünler.
Hermine Gartner war eine Tochter des Regierungsrats Anton Gartner (1803–1873) und Schwester des Romanisten Theodor Gartner. Sie erhielt ihre künstlerische Ausbildung ab 1864 in ihrer Geburtsstadt Wien bei Josef Hoffmann und Joseph von Führich. Mitunter trug sie Männerkleidung und malte unter männlichen Künstlernamen.[1] Durch Verkleidung soll es ihr gelungen sein, an der Akademie der bildenden Künste Wien zu studieren, obwohl zu dieser Zeit keine Frauen zugelassen waren.[2]
1871 verlobte sich Gartner mit dem Maler Carl Hofmann. Im gleichen Jahr debütierte sie mit einem Ölgemälde auf einer Ausstellung auf dem Wiener Kohlmarkt. Sie ging nach München und setzte dort ihre Studien bei Johann von Schraudolph fort, der sein Atelier mit ihr teilte. 1872/1873 führte sie Restaurierungen im Stift Kremsmünster in Oberösterreich aus. Nachdem ihr Vater gestorben war, reiste sie zunächst wieder nach München, dann nach Paris (1878) und Florenz.[1]
1899 erwarb Gartner ein Haus in Sori bei Genua und lebte dort fortan als Mann gekleidet unter dem Pseudonym Antonius Hermann. Später wohnte sie mit der Witwe eines deutschen Oberst zusammen. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie als Sprachlehrer. Hermine Gartner galt in dieser Zeit als verschollen. Erst als sie 1905 (vermutlich an Krebs) starb, wurde sie von den Behörden als „Dame“ mit „gewaltige(m) falsch(em) Schnurrbart“ sowie „Malerin aus Wien und Schwester eines Innsbrucker Universitätsprofessors“" identifiziert.[3] Ihr Fall erregte Aufsehen, wurde in italienischen und deutschsprachigen Zeitungen kommentiert und von dem Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld in seiner Publikation Die Transvestiten (1910) aufgegriffen.[4]
Werk
Hermine Gartner wirkte als Porträtmalerin sowie Malerin religiöser und historischer Motive. Von 1865 bis 1870 porträtierte sie eine Reihe von Angehörigen Wiener Familien einschließlich ihrer eigenen. Weiters gehören Altarbilder und Landschaften zu ihrem Gesamtwerk. Sie malte in Öl und Aquarell, schuf Radierungen und Zeichnungen.
Neben Originalen fertigte Gartner auch Kopien der Werke alter Meister, die sie in Museen besichtigte, unter anderem Studienköpfe nach Rubens und Tintoretto aus dem Belvedere in Wien.[1]
Therese Gartner, geb. Zingelbauer-Zelenka in Trauerkleidung / Anton Leopold Gartner, 1867, Brustbildnisse (Gegenstücke), zwei Ölgemälde auf Leinwand, verso signiert und datiert sowie bezeichnet „Bildniß meiner Mutter“ bzw. „Bildniß meines Vaters“, 53 × 42 bzw. 52 × 43,5 cm[5]
Selbstporträt, 1867
Bild der Familie Gartner mit 12 Personen, 1868
Selbstporträt, 1869
Christus, Radierung mit Text, 1870
Rinald und Armida im Zaubergarten, belauscht von zwei Kreuzrittern, Öl, 1871 Ausstellung auf dem Kohlmarkt, Wien
H. G.: Flucht aus Wien. Eine vergessene Malerin und ihre verschollenen Werke. Zur Erinnerung an Hermine Gartner. In: Ullsteins Blatt der Hausfrau. Heft 1/1929, S. 6–7 (online).
Georg Wacha: Gartner, Hermine (Pseud. Grünler, Hermann; Hermann, Antonius). In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 49, Saur, München u. a. 2006, ISBN 3-598-22789-2, S. 476.
Gartner Hermine, Antonius Hermann. In: Ilse Korotin (Hrsg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 1. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2016, ISBN 978-3-205-79590-2, S. 982.
↑ abcGeorg Wacha: Gartner, Hermine (Pseud. Grünler, Hermann; Hermann, Antonius). In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 49, Saur, München u. a. 2006, ISBN 3-598-22789-2, S. 476.
↑Hanna Hacker: Frauen und Freundinnen: Studien zur „weiblichen Homosexualität“ am Beispiel Österreich 1870–1938. Beltz, Weinheim 1987, ISBN 3-407-58304-4, S. 147.
↑Magnus Hirschfeld: Die Transvestiten: eine Untersuchung über den erotischen Verkleidungstrieb. Mit umfangreichem casuistischen und historischen Material. 2. Auflage. Verlag Wahrheit Ferdinand Spohr, Leipzig 1925, S. 404–405 (online).
↑Katalog. In: winterberg-kunst.de. Abgerufen am 1. September 2023.