Hermann Knoflacher (in der Mitte) und Heiner Monheim (links) während des 18. Bundesweiten Umwelt- und Verkehrskongress BUVKO an der Universität Trier am 19. März 2011
2017 wurde er mit dem Würdigungspreis des Kulturpreises des Landes Kärnten ausgezeichnet.[7]
Kritik an der automobilen Gesellschaft
Hermann Knoflacher in seinem Gehzeug, einer Karikatur des enormen Platzbedarfs des motorisierten Individualverkehrs
Bekannt ist Knoflacher für seine Kritik am Automobil und seinen Folgen für die Umwelt des Menschen.[8] Das Auto ist für Knoflacher „wie ein Virus“:
„Wir ziehen uns mehr oder weniger freiwillig in abgedichtete Häuser mit Lärmschutzfenstern zurück, um den Außenraum dem Krach, dem Staub und den Abgasen der Autos zu überlassen.“
Um die Problematik unseres Verkehrswesens aufzuzeigen, entwickelte er 1975 das „Gehzeug“. Dabei handelt es sich um einen Holzrahmen, den sich Fußgänger umhängen können, um dieselbe Fläche wie PKW-Fahrer in Anspruch zu nehmen. Es wird vor allem in Österreich in Demonstrationen gegen den Autoverkehr, für mehr Fußgängerfreundlichkeit und die Verkehrswende eingesetzt und verbildlicht die auch von Knoflacher formulierte Kritik an der Irrationalität des Straßenverkehrs, vor allem des städtischen, und an dessen relativ hohem Platzbedarf.[10][11]
Laut Knoflacher fehlt dem Menschen beim Autofahren die Rückmeldung des Energieverbrauchs, den er als Fußgänger dagegen unmittelbar verspürt:
„Der Mensch ist darauf evolutionär überhaupt nicht vorbereitet. Es überwältigt ihn. Und deshalb setzt sich das Auto ganz tief im Stammhirn des Menschen fest. Und er beginnt, sich mit dem Auto zu identifizieren“
In Interviews mit dem Spiegel[13] und der ARD[14] gab Knoflacher an, Maßnahmen gegen den Autoverkehr initiiert zu haben, welche die Bevorzugung desselben in Frage stellen und teilweise beseitigen sollten. Ein Auto dürfe laut Knoflacher nicht mehr Platz verbrauchen als andere Verkehrsteilnehmer auch. Tatsächlich sei es aber ein Vielfaches. Parkraum sei in Städten subventioniert und damit zu günstig. Durch bauliche Hindernisse sollten Autofahrer gezwungen werden, an Haltestellen hinter den öffentlichen Verkehrsmitteln zu warten. Der öffentliche Verkehr solle das Tempo bestimmen und das des Autoverkehrs darauf reduziert werden.
Kritiker bemängeln, dass Knoflachers Politik mehr rote Ampeln statt grüner Wellen schaffe, was angeblich zu gehäuften Brems- und Beschleunigungsvorgängen, Wartezeiten im Leerlauf und sehr niedrigen Geschwindigkeiten mit steigendem Schadstoffausstoß, Kraftstoffverbrauch und Lärm führe.[15][16] Tatsächlich haben empirische Studien mittlerweile Knoflachers Argumente belegt, dass eine Verlangsamung des Stadtverkehrs zu gleichmäßigerem Verkehrsfluss, weniger Stau, weniger Luftbelastung und weniger Lärm führt.[17]
Knoflacher wurde von ÖVP, FPÖ und dem ÖAMTC für die von ihm umgesetzten Verschlechterungen für den motorisierten Individualverkehr heftig kritisiert.[18][19]
„‚Seit fünf Jahrzehnten setzen Sie sich für eine andere Verkehrspolitik und eine andere Verkehrsplanung ein. Hat es Sie getroffen, dass Sie viel Kritik einstecken mussten?‘
Am Anfang vielleicht, aber eigentlich auch damals nicht. Ich freue mich immer, wenn ich persönlich angegriffen werde, weil das bedeutet, dass mein Gegenüber keine Sachargumente hat.“
– Hermann Knoflacher: Berliner Zeitung, 22. Juli 2020 (im Interview mit Peter Neumann)[20]
Zurück zur Mobilität! Anstöße zum Umdenken. Ueberreuter, Wien 2013, ISBN 978-3-8000-7557-7.
Virus Auto 4.0. Lebensraum für Mensch und Natur in Stadt und Land. Mit Beiträgen von Helga Kromp-Kolb und Maria Vassilakou. Alexander Verlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-89581-602-4.
↑Peter Neumann: Verkehr: „Das Auto steht überall im Weg, auch in Berlin. Man muss es wegräumen“. Die Verlängerung der Stadtautobahn sei Irrsinn, eine City-Maut wäre Unsinn: Ein Gespräch mit dem österreichischen Mobilitätsexperten Hermann Knoflacher über den Berliner Verkehr. In: www.berliner-zeitung.de.Berliner Zeitung, 22. Juli 2020, abgerufen am 6. Juni 2020 (Hermann Knoflacher im Interview mit Peter Neumann).