Nachdem Dingeldein seit 1994 Blockseminare im Fach Germanistische Sprachwissenschaften in Sibiu/Hermannstadt abgehalten hatte und in Zusammenarbeit mit rumänischen Kollegen und weiteren Lehrenden der Marburger Universität einen Master-Studiengang „Germanistische Europastudien“ an der Lucian-Blaga-Universität einrichten konnte, ernannte ihn diese 1997 zum Honorarprofessor für Germanistische Sprachwissenschaft in der Fakultät für Philologie, Geschichte und Journalismus; 2007 erfolgte die Ernennung zum vollberechtigten Doktorandenbetreuer im Fach Philologie durch Erlass des rumänischen Unterrichtsministers.[1] Er betreute zudem als Doktorvater Dissertationen an den Universitäten in Marburg sowie im ungarischen Pécs/Fünfkirchen[2].
Im Jahr 1998 übernahm Dingeldein die Leitung des 1896 von Eduard Koschwitz begründeten Internationalen Sommerkurses der Philipps-Universität, aus dem er die jetzige Internationale Sommeruniversität (ISU) entwickelte; dieser stand er von 1999 bis 2009 als wissenschaftlicher Leiter vor.
Krankheitsbedingt musste Dingeldein im Jahr 2016 vorzeitig in den Ruhestand treten.
Neben- und Ehrenämter
Dingeldein war von 2005 bis zum Eintritt in den Ruhestand Prüfer für das Erste Staatsexamen im Fach Deutsch am staatlichen Prüfungsamt für das Lehramt an Gymnasien in Marburg. Als ordentliches Mitglied der Hessischen Akademie der Forschung und Planung im ländlichen Raum war er von 2003 bis 2008 deren Erster stellvertretender Vorsitzender. Von 1988 bis 2007 arbeitete er ehrenamtlich als assoziierter Dozent bzw. Professor der Humanistik bei der Internationalen Akademie der Wissenschaften (AIS) San Marino und gab Kurse zur germanistischen Linguistik und Interlinguistik in deren Unterrichtsprogramm.[4]
Der Arbeitsschwerpunkte Dingeldeins liegen in der empirischen Erforschung der gesprochenen Sprache, insbesondere der Dialekte und Nonstandardvarietäten in Hessen, der Beschäftigung mit der Lexikologie, Lexikographie und Semantik sowie der Beschreibung der Rolle und Struktur des Deutschen als Verkehrs- und Minderheitensprache, besonders in Südosteuropa. In Zusammenarbeit mit Kollegen des benachbarten Fachgebiets versuchte er vor allem auch in der Lehre, Fragestellungen der Sprachwissenschaft und der Kulturanthropologie bzw. Europäischen Ethnologie zu verknüpfen. In diesen Zusammenhang ist auch sein Engagement als Mitglied des 1976 vom Österreicher Hans Haid gegründeten Internationalen Dialektsinstituts zu stellen. Wissenschaftliche Erkenntnisse aus seinen Arbeitsfeldern vermittelte er regelmäßig in Beiträgen zu Radio- und Fernsehprogrammen des Hessischen Rundfunks und anderer Medien.[9][10][11][12]
Dingeldein spricht neben Deutsch (auch in der Ausprägung eines rheinfränkischen Dialekts) als Fremdsprachen Englisch, Französisch, Rumänisch, Afrikaans und Esperanto; er liest und korrespondiert in Jiddisch, außerdem übersetzt er aus den „alten Sprachen“ Latein, Griechisch und Hebräisch.
Publikationen (in Auswahl)
Hessen-Nassauisches Volkswörterbuch. Aus den für ein Hessen-Nassauisches Wörterbuch von F. Wrede angelegten und verwalteten Sammlungen. Begonnen v. Luise Berthold, fortgesetzt von Hans Friebertshäuser und Heinrich J. Dingeldein. Elwert, Marburg 1927 ff. (Digitaler Zugang über LAGIS)
Hessische sprachliche Landesforschung. Geschichte und Ergebnisse. In: Rosemarie Schanze (Hrsg.): Sprache in Hessen. Schmitz Gießen 1981 (Hessische Blätter für Volks- und Kulturforschung 11/12), S. 54–108.
Materialien zur Volkskultur. [Hrsg. zus. mit Rosemarie Schanze]. Schmitz, Gießen 1982/83 (Hessische Blätter für Volks- und Kulturforschung 14/15).
„Amerika“ in der deutschen Sprache. Anmerkungen zu sprachlichen Spuren eines kulturellen Kontakts. In: Der Sprachdienst 27 (1983), S. 65–76.
Neue hessische Dialektdichtung. Namen, Formen, Sprache. In: Dialect. Internationale Halbjahresschrift für Mundart und Mundartliteratur <Wien> 7 (1983), H. 1, S. 43–59
Dichten im Dialekt. Marburger Literaturtag am 16.11.1985. Referate der wissenschaftlichen Tagung und Textbeiträge der teilnehmenden Autoren. [Hrsg. zus. mit Armin Klein u. Joachim Herrgen.], Jonas Marburg 1985.
Wortgeographie der städtischen Alltagssprache in Hessen. [Zus. mit Hans Friebertshäuser]. Francke, Tübingen 1988 (Hessische Sprachatlanten. Kleine Reihe 1).
„Hexe“ und Märchen. Überlegungen zum Hexenbild in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. In: Die Frau im Märchen. Hrsg. v. Sigrid Früh und Reiner Wehse. Kassel 1985 (Veröffentlichung der Europäischen Märchengesellschaft 8), S. 50–59; 219–221.
Fremdsein. Minderheiten und Gruppen in Hessen. [Hrsg. zus. mit Andreas C. Bimmer]. Jonas, Marburg 1988 (Hessische Blätter für Volks- und Kulturforschung 23).
Hessischer Dialektzensus. Statistischer Atlas zum Sprachgebrauch. [Zus. mit Hans Friebertshäuser]. Francke, Tübingen 1989 (Hessische Sprachatlanten. Kleine Reihe 3).
Das Mittelhessische. Erforschung, Strukturen, Entwicklung. In: Hessisches. Hans Friebertshäuser zum 60. Geburtstag am 21. März 1989. Marburg 1989 (Schriften der Universitätsbibliothek Marburg 46), S. 9–69.
Normierungsstrategien in Klein- und Minderheitensprachen. Ein Plädoyer. In: Schick, Karl (Hrsg.): Kommunikation. Mit Rechnern, ohne Rechner, durch Rechner. Dortmund 1989 (= Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft 30, Beibd.)
Studien zur Wortgeographie der städtischen Alltagssprache in Hessen. Areale, stratische und diachron-kontrastive Analysen. Francke, Tübingen 1991 (Hessische Sprachatlanten. Kleine Reihe 2).
Die städtische Alltagssprache in der Schule – ein neues "Dialektproblem"? In: Vielerlei Deutsch. Hrsg. v. Peter Klotz und Peter Sieber. Stuttgart 1993 (Deutsch im Gespräch), S. 124–139.
Polystratische Sprachgeographie. Ergebnisse des Projekts Wortgeographie der städtischen Alltagssprache in Hessen. In: Viereck, Wolfgang (Hrsg.): Regionalsprachliche Variation, Umgangs- und Standardsprachen. = Regional variation, colloquial and standard languages. Stuttgart 1994 (= Verhandlungen des Internationalen Dialektologenkongresses : Bamberg 29.7.-4.8.1990 = Proceedings of The International Congress of Dialectologists / hrsg. von Wolfgang Viereck 3; Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik. Beihefte 76), S. 124–143
Fulda in der Sprachgeschichte und in der Sprachlandschaft. Mit einer grammatischen Skizze des Osthessisch-Fuldischen. In: Fulda in seiner Geschichte. Landschaft, Reichsabtei, Stadt. Hrsg. v. Walter Heinemeyer. Fulda 1995 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 57), S. 55–72.
„Umgangssprache“ und „Alltagssprache“ als sprachwissenschaftliche Kategorien. Anmerkungen zu zwei terminologisch (noch) unscharfen Begriffen. In: Germanistische Beiträge <Hermannstadt/Sibiu> 4 (1996), S. 63–80.
Was ist „Standardsprache“, was ist „Dialekt“? Zur Definition zweier linguistischer Termini. In: Germanistische Beiträge <Hermannstadt/Sibiu> 6 (1997), S. 90–110.
Aspekte der Revolution 1848 / Symposion zum Förderpreis für Hessische Heimatgeschichte 1998. [Hrsg: Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst ; Hessische Akademie der Forschung und Planung im Ländlichen Raum. Red.: Heinrich J. Dingeldein]. Wiesbaden und Kassel 1999
Karl Bernhardi und die Sprachgrenzen im Deutschen. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Sprachwissenschaft im 19. Jahrhundert. In: Braun, Angelika (Hrsg.): Beiträge zu Linguistik und Phonetik. Festschrift für Joachim Göschel zum 70. Geburtstag. Stuttgart 2001 (= Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik. Beihefte 118), S. 161–175
Lucian Blaga – Promotor al comunicarii intraeuropene. In: Caietele Lucian Blaga. Vol. III. Coordonatori: Pamfil Matei, Ilie Gutan. Sibiu 2002, p. 19f.
Die deutsche Sprache und ihre Erscheinungsformen in Rumänien. Historische Grundlegung und aktuelle Entwicklungstendenzen. In: Sprachinselwelten – The World of Language Islands. Entwicklung und Beschreibung der deutschen Sprachinseln am Anfang des 21. Jahrhunderts. Hrsg. v. Nina Berend und Elisabeth Knipf-Komlósi. Lang, Frankfurt am Main 2006 (VarioLingua 27), S. 57–75.
Zum Einfluss des Neukantianismus auf die rumänische Philosophie: Alice Voinescu und die Marburger Schule. In: Rumänisch-deutsche Kulturbegegnungen. Hrsg. v. Rodica Miclea, Sunhild Galter, Doris Sava, Universitätsverlag Sibiu/Hermannstadt 2008, S. 107–120.
Fester Grund oder verlorenes Terrain? Zur Rolle der deutschen Sprache im mittleren und südöstlichen Europa. In: Deutsch im interkulturellen Begegnungsraum Ostmitteleuropa. Hrsg. v. Ernest W. B. Hess-Lüttich, Anita Czeglédy, Ulrich Langanke. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2010 (Cross Cultural Communication 19 = Publikationen der GiG 14), S. 63–79.
Wortatlas zur Alltagssprache der ländlichen Räume Hessens. [Unter Mitarb. v. Christoph Hallerstede, Michael Kusch, Marisé Vidal]. Francke, Tübingen 2010 (Hessische Sprachatlanten. Kleine Reihe 4)
Zum Quellenwert deutscher Sprachzeugnisse aus Südosteuropa für die Sprachgeschichte des Deutschen. In: Germanistische Beiträge <Sibiu> 26 (2010), S. 167–184
Rumänien – Nachbar mit vielen Gesichtern. In: Marburger Geographische Gesellschaft. Jahrbuch 2011 (2012), S. 134–152
Ungarndeutscher Sprachatlas (UDSA). Südungarn. Erster Halbband. Hrsg. v. Koloman Brenner, Maria Erb, Karl Manherz in Zusammenarb. mit Heinrich J. Dingeldein. ELTE, Budapest 2008. – Zweiter Halbband. Hrsg. v. Maria Erb in Zusammenarb. mit Heinrich J. Dingeldein. ELTE, Budapest 2012. – Register. Bearb. v. Heinrich J. Dingeldein, Maria Erb, Bernadett Unger. ELTE, Budapest 2013.
Gräflich-Erbacher Familienzweige „zur linken Hand“. Illegitime Kinder und morganatische Ehen im Grafenhaus Erbach bis zum Ende der Monarchie. Gendi-Verlag, Otzberg 2020, ISBN 978-3-946295-19-8.
Ehrungen
Promotionspreis der Philipps-Universität Marburg 1992
Diplom für besondere akademische Kompetenz und außerordentliche Dienste, die der Lucian-Blage-Universität Sibiu in der Entwicklung zum 3. Jahrtausend erbracht wurden 1999
Lucian-Blaga-Medaille in Silber des Senats der Lucian-Blaga-Universität Sibiu/Hermannstadt 2005
Festakt zum 60. Geburtstag am Germanistischen Institut der Eötvös-Loránd-Universität (ELTE) Budapest am 24. Mai 2013[14]
Er ist seit 1998 Mitglied der Marburger FreimaurerlogeZu den drey Löwen sowie seit 2008 der überregional arbeitenden Loge Jacob de Molay zum flammenden Stern, deren Meister vom Stuhl er 2013–2014 war und Ehrenmitglied ihrer Deputationsloge Jacob de Molay zum Stern im Westen er seit 2021 ist.[15]
↑Die Betreuungs- und Prüfungsberechtigung, verbunden mit dem Titel „Conducător de doctorat“, steht in Rumänien Professoren nicht qua Amt zu, sondern wird vom zuständigen Ministerium in einem gesonderten Prüfungsverfahren erteilt. – Liste der betreuten Promotionen an der Lucian-Blaga-Universität (abgerufen am 20. Mai 2022).
↑Internacia Sciencista Dokumentaro 2004–2007. 5-a eldodno. Red.: Reinhard Fössmeier, Liana I. Tuhvatullina, München 2005, p. 60. ― Kursverzeichnis der AIS
↑Maria Wolfart-Stang: Ein Hesse bei den Schwaben in Ungarn. Festakt für Professor Heinrich J. Dingeldein an der ELTE. In: Neue Zeitung (Budapest) 57. Jg., Nr. 23, 7. Juni 2013
↑Bericht über die Festansprache Dingeldeins zum 50-jährigen Bestehen der Freimaurerloge Jacob de Molay zum flammenden Stern in Marburg (Oberhessische Presse, 146. Jahrgang Nr. 241 vom 14. Oktober 2012); Bericht über das Stiftungsfest 2023 der Loge Zu den drey Löwen in Marburg (Oberhessische Presse, 157. Jahrgang Nr. 105 vom 6. Mai 2023).