Großweikersdorf liegt im südlichen Weinviertel am Ausgang des Tals der Schmida in das Tullnerfeld in Niederösterreich. Die Talsenke liegt rund 200 Meter über dem Meer, nach Osten und Nordwesten steigt das Land zu bewaldeten Höhen von 350 Meter an. Die Fläche der Marktgemeinde umfasst 43 Quadratkilometer, etwa siebzig Prozent sind landwirtschaftliche Nutzfläche und je neun Prozent sind Weingärten und Wald.[1]
Gemeindegliederung
Das Gemeindegebiet umfasst folgende sieben Ortschaften (in Klammern Einwohnerzahl Stand 1. Jänner 2024[2]):
Bei Ruppersthal und in Großweikersdorf wurden Reste von Mammutjägern gefunden. Das zeigt, dass die Gegend schon in der Jungsteinzeit besiedelt war. In der Fundstelle „Hausberg“ wurden Belege für einen frühen Ackerbau in der Bronzezeit freigelegt. Aus der Hallstattzeit stammt ein Metalldepot aus der Fundstelle „Lagerhaus“.
Die älteste urkundliche Erwähnung betrifft Wiesendorf. In der Zeit von 1108 bis 1121 schenkte Megingoz von Grie dem Stift Göttweig einen Hof ad Wisidorf. In einer Eintragung für die Jahre 1125 bis 1136 beglaubigen die Zeugen Sigifrid et Hugo de Witigeisdorf die Schenkung des Gutes Tiufintal (Tiefenthal) durch Perhard von Grabern. Dass in dieser Zeit bereits Weinbau betrieben wurde belegt die Schenkung vinea in Wisendorf (ein Weingarten in Wiesendorf) in den Jahren 1157 bis 1163.
Bereits im Jahr 1226 wird ein Pfarrer für die landesfürstliche Pfarre Weittingisdorf genannt. Für 1277 sind ein Landgericht und ein Marktgereicht in Weikersdorf belegt. In der Mitte des 14. Jahrhunderts wird eine vest zu Weichartsdorf erwähnt.
Im Jahr 1495 verkauft Maximilian I. den Markt und das Landgericht an Heinrich Püschenk, den Graf von Hardegg. Mit Hans Turzo (1587) und Friedrich Saurau (1604) ließen sich zwei der Adeligen von Grafenegg in der Pfarrkirche Weikersdorf begraben. In der Mitte des 16. Jahrhunderts war Weikersdorf ein Zentrum des Protestantismus. Mit der Gegenreformation unter Ferdinand II. gelangte der Besitz der Grafenegger und damit auch Weikersdorf in die Hände der katholischen Grafen Verdenberg. Ihnen folgten 1698 die Grafen Enkevoirth.
Einen wirtschaftlichen Aufschwung brachte der Bau der Kaiserstraße (oder Böhmische Straße) von Wien nach Prag in den Jahren 1711–1714, die durch Weikersdorf führt. Es entstanden zwei große Einkehrwirtshäuser und 1772 wurde eine Poststation eingerichtet.
Bei einem Großbrand 1727 wurde auch die Kirche beschädigt. Für den Bau der neuen Pfarrkirche wurden 1733 Joseph Emanuel Fischer von Erlach und Johann Martinelli beauftragt.
Im Jahr 1835 wird der Markt mit 111 Häusern und 171 Familien beschrieben. An Haustieren gab es 72 Pferde, 173 Kühe, 179 Schafe und 80 Schweine. Neben der Viehzucht bauten die Bauern auch Getreide und Wein an, dieser wurde bis Wien geliefert. Die Bedeutung des Ortes zeigt die Anwesenheit von 35 Gewerbebetrieben. Mit der Aufhebung der Grundherrschaft entstand 1849/50 die Gemeinde Weikersdorf. Bis 1891 gehörten auch Ameisthal und Baumgarten am Wagram zu Weikersdorf.
Eine weitere Verbesserung der Infrastruktur erfolgte mit der Eröffnung der Kaiser-Franz-Joseph-Bahn im Jahr 1870.
Im Jahr 1921 schloss sich Tiefenthal der Gemeinde an. Die Gemeinde in der heutigen Form wurde nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1941 geschaffen, 1945 jedoch wieder aufgelöst. Von 1967 bis 1970 schlossen sich nach und nach die Gemeinden wieder zur heutigen Marktgemeinde zusammen.[3]
Einwohnerentwicklung
Nach dem Ergebnis der Volkszählung 2001 gab es 2786 Einwohner. 1991 hatte die Marktgemeinde 2653 Einwohner, 1981 2555 und im Jahr 1971 2627 Einwohner.
Pfarrkirche Großweikersdorf: Die Pfarrkirche wurde von 1733 bis 1740 nach Plänen von Joseph Emanuel Fischer von Erlach im Stil des Frühklassizismus unter der Leitung des österreichischen Baumeisters Johann Baptist Martinelli erbaut. Somit ist diese Kirche (neben dem Weiterbau der Wiener Karlskirche und der Pfarrkirche von Safov in Südmähren) einer der drei Sakralbauten des berühmten Architekten „Fischer von Erlach der Jüngere“. Die Großweikersdorfer Pfarrkirche Heiliger Georg weist den dritthöchsten Kirchturm Niederösterreichs auf, der aufgrund von Geldmangel jedoch erst rund 100 Jahre später in neo-barockem Stil nach Plänen von Leopold Ernst, der auch Dombaumeister zu St. Stephan in Wien war, fertiggestellt wurde. Auch der reich verzierte spätbarocke Tabernakelaufbau wurde nach einem Entwurf von Joseph Emanuel Fischer von Erlach angefertigt. Das Hochaltarbild Martyrium und Verklärung des heiligen Georg (signiert Martinus Altomonte 1734)[4] stammt von Martino Altomonte und war nach einer problematischen Restaurierung 1937 und wegen eines undichten Apsisfensters in beklagenswertem Zustand. Die ursprüngliche Leuchtkraft des bedeutenden Bildes wurde 2016 durch eine aufwendige Restaurierung im Auftrag der Erzdiözese Wien wiederhergestellt (Labor Josef Haspel und Margaritha Wolff Metternich). Das rechte Seitenaltarbild Brückensturz des heiligen Nepomuk ist von Martin Johann Schmidt, genannt Kremser Schmidt (1749), das linke Altarbild Heiliger Ivo von Chartres stammt von Carl Aigen aus der Schule Paul Trogers (1740). Vor diesem linken Seitenaltarblatt befindet sich eine Nachbildung des Gnadenbildes der Brünner Madonna (1730), welches vom Financier der Kirche, Adrian Wenzel Graf Enckevoirt (1660–1738), gestiftet wurde.
Vor der Kirche befindet sich ein von Meister Johann Adam Kühn geschaffenes, kunstvoll ausgeführtes schmiedeeisernes Gittertor von 1740.
Das Heilige Theater, welches die Kreuzabnahme Christi samt heiligen Frauen und Johannes in einer Felsgrotte zeigt, wurde von einem Angehörigen der Künstlerfamilie Galli da Bibiena geschaffen, einer zur Zeit Maria Theresias bekannten Kulissenmalerfamilie. Von dieser Art Heiliger Theater existieren nur noch wenige in Österreich.
Die spätbarocke Kanzel mit Baldachinbekrönung stammt von Jakob Rechländer (1758).
Der aus 1725 stammende Taufstein wurde vom Eggenburger Bildhauer Johann Georg Schmutzer aus Marmor geschaffen.
Eine Steinerne Gedenktafel zeigt das Relief des am 16. Februar 1908 in Großweikersdorf geborenen und am 22. März 1945 in Wien hingerichteten römisch-katholischen Priesters, Pädagogen, Philosophen und Widerstandskämpfers Heinrich Maier.
Pfarrhof Großweikersdorf: Der 1727 nach einem Brand wiedererrichtete Pfarrhof hat im Hof einen schlichten Schüttkasten und eine Taubenkobel.
Pleyel-Museum: Das Pleyel-Museum wurde 1998 eröffnet und widmet sich dem Leben und Wirken des Komponisten der Wiener Klassik, Klavierfabrikanten, Musikers, Dirigenten und Verlegers Ignaz Josef Pleyel (1757–1831). Es finden auch regelmäßig Konzerte statt.
Von den 104 landwirtschaftlichen Betrieben des Jahres 2010 wurden 57 im Haupterwerb geführt. Diese bewirtschafteten drei Viertel der Flächen. Von den 146 Erwerbstätigen des Produktionssektors waren 81 mit der Herstellung von Waren und 60 im Baugewerbe beschäftigt. Die größten Arbeitgeber im Dienstleistungssektor waren die Bereiche soziale und öffentliche Dienste sowie der Handel (Stand 2011).[5][6][7]
Wirtschaftssektor
Anzahl Betriebe
Erwerbstätige
2011
2001
2011
2001
Land- und Forstwirtschaft 1)
104
167
109
114
Produktion
23
19
146
142
Dienstleistung
148
73
363
312
1) Betriebe mit Fläche in den Jahren 2010 und 1999
Arbeitsmarkt, Pendeln
Von den rund 1500 Erwerbstätigen, die 2011 in Großweikersdorf lebten, arbeiteten 250 in der Gemeinde, drei Viertel pendelten aus.[8]
Verkehr
Bahn: Der Gemeindekern Großweikersdorf besitzt einen Bahnhof an der Franz-Josefs-Bahn, die Ortschaften Großwiesendorf und Tiefenthal haben sich bis Dezember 2015 eine Haltestelle geteilt, ehe sie aufgelassen wurde.
Franz Xaver Schweickhardt: Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens, durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten etc. etc., topographisch-statistisch-genealogisch-historisch bearbeitet und nach den bestehenden vier Kreis-Vierteln [alphabetisch] gereiht. [Teil:] Viertel unterm Manhartsberg. 7 von 34 Bänden. 7. Band: Sebarn bis Zwingendorf. Mechitaristen, Wien 1835, S. 180 (Weikersdorf (Groß-) – Internet Archive; mit einem Nachtrag zum 6. Band: Schloßhof; c) Sebarn).
Johann Baumgartner: Heimatbuch Großweikersdorf. Pfarramt Großweikersdorf, Großweikersdorf 1968.
Bundesdenkmalamt (Hrsg.): DEHIO Niederösterreich nördlich der Donau. Verlag Anton Schroll, Wien 1990.
Christian Fridrich, Josef Skopik: Unsere Pfarrkirche St. Georg. Kultur-Genuss Großweikersdorf, Großweikersdorf 2007, ISBN 978-3-9502397-1-3.
Herta Fridrich, Christian Fridrich: Großweikersdorf einst & heute. Mit Ameistal, Baumgarten, Großwiesendorf, Kleinwiesendorf, Ruppersthal und Tiefenthal. Heimat Verlag, Schwarzach 2010.
Adolf Ehrentraud (Hrsg.): Ignaz Joseph Pleyel – von Ruppersthal in die Welt. Der Versuch einer ersten biografischen Zusammenschau. 2. Auflage. IPG, Ruppersthal 2011, ISBN 978-3-9503176-0-2.
Marktgemeinde Großweikersdorf (Hrsg.): Heimatbuch der Marktgemeinde Großweikersdorf – Festschrift anlässlich der 900 Jahr-Feier, Großweikersdorf 2008