Das südwestlich von Belfort liegende Montbéliard (deutsch Mömpelgard) wurde im Jahr 985 erstmals urkundlich erwähnt. Die Grafschaft Mömpelgard kam im 11. Jahrhundert mit dem Königreich Burgund an das Heilige Römische Reich und war schon damals romanisches Sprachgebiet. Seit Rudolf von Habsburg ist es als Reichslehen nachgewiesen, und zwar als Kunkellehen, das heißt die weibliche Nachfolge war zugelassen. Nach dem Tod Stephans von Mömpelgard am 1. November 1397, dessen Sohn Heinrich nicht aus der Schlacht von Nikopolis zurückgekehrt war, gelang es Graf Eberhard III. von Württemberg wenige Tage später, am 13. November 1397, einen Heiratsvertrag für seinen noch minderjährigen Sohn, den späteren Grafen Eberhard IV., mit der ebenfalls noch minderjährigen Henriette von Mömpelgard, der erbberechtigten Enkelin Stephans von Mömpelgard, abzuschließen. Damit kam die Grafschaft Mömpelgard zunächst unter württembergische Verwaltung und nach Henriettes Tod 1444 endgültig zu Württemberg, nachdem Henriette – nach dem Tod Eberhards IV. und ihrem Rückzug aus der Vormundschaftsregierung für ihre Söhne – Mömpelgard von 1421 bis 1444 als Regentin alleine regiert hatte.
Staatsrechtlich waren die Grafschaft Mömpelgard und die Grafschaft Württemberg, seit 1495 das Herzogtum Württemberg, stets getrennt. Mömpelgard entsandte zum Beispiel keine Vertreter in die Württembergischen Landstände. Von 1553 bis 1593 und von 1617 bis 1723 regierten in Mömpelgard Seitenlinien des Hauses Württemberg. Die ältere Seitenlinie übernahm nach dem Tod des kinderlosen Herzogs Ludwig mit Friedrich I. die Regierung in Württemberg. Die jüngere Seitenlinie trat im Wildbader Vertrag vom 18. Mai 1715 die Herrschaft in Mömpelgard an die Stuttgarter Hauptlinie ab. Der Vertrag wurde mit dem Tod Graf Leopold Eberhards am 25. Februar 1723 vollzogen.
Bedeutsam wurden die württembergischen Besitzungen, weil Herzog Ulrich im Jahr 1524 – zehn Jahre vor Württemberg – mit Guillaume Farel die Reformation einführte. Als er aus Württemberg vertrieben worden war, hatte er hier Zuflucht gefunden. Die Pastoren für die Grafschaft wurden im Evangelischen Stift der Universität Tübingen ausgebildet. Das Gebiet der Grafschaft ist daher noch heute eine lutherisch geprägte Enklave im überwiegend katholischenFrankreich.
Die Baronin Henriette von Oberkirch beschrieb in ihren Memoiren das Leben am Mömpelgarder Hof zwischen 1770 und 1789. Im Gefolge der Französischen Revolution besetzten französische Truppen die Grafschaft. Der jakobinische Abgeordnete André-Antoine Bernard proklamierte am 10. Oktober 1793 den Anschluss an Frankreich.[2] Herzog Friedrich II. trat im Pariser Vertrag vom 1796 diese Gebiete endgültig an Frankreich ab. Hierfür erhielt Württemberg im Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 und dem Frieden von Pressburg vom 26. Dezember 1805 umfangreiche Gebiete in Süddeutschland. Das Gebiet der Grafschaft wurde in vier Kantone aufgeteilt, die zunächst an das Département Haute-Saône angeschlossen wurden. Drei Kantone (Audincourt, Désandans und Montbéliard) kamen am 1. Ventôse V (19. Februar 1797) an das Département Mont-Terrible (der vierte, Clairegoutte, verblieb bei Haute-Saône).[3] 1800 wurde Mont-Terrible an das Département Haut-Rhin (Oberelsass) angegliedert. 1815 kehrten die drei Kantone wieder zu Haute-Saône zurück. Der Wiener Kongress bestätigte Frankreich im Besitz Mömpelgards.[4]
Reichsstandschaft
Spätestens seit 1559 hatte die Grafschaft ein eigenes Stimmrecht (Virilstimme) auf dem Reichstag im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, obwohl Grafschaften sonst durch Zugehörigkeit zu einer Grafenbank nur Anteil an einer Kuriatstimme hatten. Nur die eigentliche Grafschaft (ohne die zugehörigen anderen Herrschaften) war reichsunmittelbar und begründete die Reichsstandschaft. Eigenartig ist auch, dass die Grafschaft keine Reichsteuern abführte und keinem Reichskreis zugehörig war.[5]
Louis-David Finkeldei: Berichten, Begutachten und Versenden. Verwaltungskommunikation zwischen Württemberg und Mömpelgard im 18. Jahrhundert. In: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte, Bd. 80 (2021), S. 291–310.
Louis-David Finkeldei: Residieren und Verwalten im württemgbergischen Elsass des Ancien Régime. In: Erwin Frauenknecht (Hrsg.): Württemberg und das Elsass. 700 Jahre gemeinsame Geschichte. Thorbecke, Ostfildern 2024, S. 65–80, ISBN 978-3-7995-2069-0.
Sönke Lorenz, Peter Rückert (Hrsg.): Württemberg und Mömpelgard. 600 Jahre Begegnung. / Montbéliard – Wurtemberg, 600 ans de relations (= Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde. Band 26). DRW-Verlag Weinbrenner, Leinfelden-Echterdingen 1999, ISBN 3-87181-426-1.
Johann Jacob Moser: Von denen Teutschen Reichs-Ständen, der Reichs-Ritterschafft, auch denen übrigen unmittelbaren Reichs-Glidern. [Ohne Verlagsangabe], Frankfurt am Main 1767, S. 603–608 (online in der Google-Buchsuche).
L(ouis-Marie) Prudhomme (Hrsg.): Dictionnaire géographique et méthodique de la République francaise, en CXX départemens, tome second. Paris, an VII (1798).
Terrence M. Punch: Homeland, Refuge, Way Station: Montbéliard 1570–1770, in Deutsch-kanadisches Jahrbuch, 16, Hgg. Lothar Zimmermann, Hartmut Froeschle, Myka Burke. Historical Society of Mecklenburg, Upper Canada, Toronto 2000 ISSN0316-8603.
↑80. Stimme; siehe: Carl Wilhelm von Lancizolle: Uebersicht der deutschen Reichsstandschafts- und Territorial-Verhältnisse …, S. 4.
↑Séance du vingt-quatrième jour du premier mois de l’année II. In: Französische Nationalversammlung (Hrsg.): Archives parlementaires. Band76, S.566–567 (französisch).