Der Gewebefaktor ist ein Protein, das aus drei Domänen besteht:
1. Eine Domäne, die außerhalb der Zelle liegt. Diese bindet sich durch Protein-Protein-Interaktionen an das aktivierte Proconvertin (Faktor VIIa). Proconvertin besteht auch aus verschiedenen Domänen. Eine dieser Domänen, die carboxylierteγ-Carboxyglutamat-Domäne, bindet in Gegenwart von Kalzium an negativ geladene Phospholipide. Diese Bindung erhöht die Protein-Protein-Bindung zwischen Proconvertin und Thrombokinase (Faktor X).
3. Eine Domäne von 21 Aminosäuren Länge innerhalb der Zelle, die die Signalfunktionen des Thromboplastins übernimmt.
Funktion
Der Gewebefaktor ist der Rezeptor auf der Zellmembran für aktiviertes Proconvertin (Faktor VIIa).
Die am besten erforschte Funktion des Gewebefaktors ist seine Rolle bei der Blutgerinnung. Der Komplex aus Gewebefaktor mit Proconvertin katalysiert die Umwandlung des inaktiven Stuart-Prower-Faktors (Faktor X) in aktivierten Faktor Xa. Zusammen mit Proconvertin bildet der Gewebefaktor den extrinsischen Pfad der Blutgerinnung, bei dem eine Verletzung der Blutgefäße durch schnellstmögliche Blutgerinnung unterbunden werden soll (siehe auch Hämostase). Dem steht der intrinsische Pfad gegenüber, bei dem der Stuart-Prower-Faktor durch eine Kaskade von bereits im Blut befindlichen Faktoren aktiviert wird.
Außerdem gehört der Gewebefaktor zu einer Gruppe von Proteinen, die unter dem Oberbegriff „Cytokin Rezeptor Klasse II“ zusammengefasst werden. Die Mitglieder dieser Gruppe werden von Zytokinen, kleinen Proteinen, die das Verhalten von weißen Blutkörperchen beeinflussen, aktiviert.[2] Weiterhin wurde festgestellt, dass die Bindung von aktiviertem Proconvertin am Gewebefaktor Signalprozesse innerhalb der Zelle auslöst. Diese Signalprozesse spielen eine Rolle bei der Bildung neuer Blutgefäße (Angiogenese)[3] und bei der Hemmung des programmierten Zelltods (Apoptose).[4]
Vorkommen
Der Gewebefaktor wird von Zellen exprimiert, die normalerweise nicht mit fließendem Blut in Verbindung stehen, wie zum Beispiel Zellen im Subendothel (Bindegewebsschicht) und von Zellen, die Blutgefäße umgeben (z. B. Fibroblasten). Das ändert sich wenn die Blutgefäße beschädigt werden (z. B. durch Verletzung). Die Zellen mit Thrombokinase geraten in Kontakt mit Proconvertin, das im Blut zirkuliert. Dies vertausendfacht die Aktivität des Proconvertins.
Die innere Wand von Blutgefäßen besteht aus Endothelzellen, welche den Gewebefaktor nur ausbilden, wenn sie entzündungsbildenden Molekülen, wie Tumornekrosefaktor Alpha (TNF-alpha) ausgesetzt sind. Auch Monozyten bilden den Gewebefaktor nach Kontakt mit entzündungsbildenden Molekülen aus.
↑Robert F. Schmidt, Florian Lang, Gerhard Thews (Hrsg.): Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie. 29. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2005, ISBN 3-540-21882-3, S. 528.
↑Tissue factor as an evolutionary conserved cytokine receptor: Implications for inflammation and signal transduction.PMID 14872439.
↑M. Belting, M. I. Dorrell, S. Sandgren, E. Aguilar, J. Ahamed, A. Dorfleutner, P. Carmeliet, B. M. Mueller, M. Friedlander, W. Ruf: Regulation of angiogenesis by tissue factor cytoplasmic domain signaling.PMID 15098027
↑B. B. Sorensen, L. V. Rao, D. Tornehave, S. Gammeltoft, L. C. Petersen: Antiapoptotic effect of coagulation factor VIIa. PMID 12738672
↑N. Mackman: Role of tissue factor in hemostasis and thrombosis. In: Blood Cells Mol Dis. 36(2), 2006 Mar-Apr, S. 104–107. Review.
↑K. E. Eilertsen, B. Østerud: The role of blood cells and their microparticles in blood coagulation. In: Biochem Soc Trans. 33(Pt 2), 2005 Apr, S. 418–422. Review.