Ursprünglich wurde der Begriff Geviert im Bauwesen als Adjektiv für ein quadratisches Flächenmaß verwendet[1][2], etwa im Sinne der Größe der Cheops-Pyramide, deren „Grundfläche = 248 m im Geviert“ misst.[3]
In Architekturbeschreibungen wurde der Begriff Geviert für einen Baukörper auf quadratischem Grundriss angewendet, etwa wenn von einem „geviertförmigen Eckrisalite“[4] oder von einem „Geviert des Altarraums“[5] die Rede war.
In neueren Architekturbeschreibungen kommt der – bisher in keinem Architekturlexikon geführte – Begriff Geviert zum Einsatz, um entweder einen viereckigen Platz[6] oder eine Gebäudeanordnung um einen großzügigen Innenhof[7] zu charakterisieren, wobei beide nicht unbedingt quadratisch sein müssen. Hin und wieder wird Geviert auch städtebaulich im Sinne von Quartier bzw. Stadtviertel gebraucht, wenn es als ein eckiger Straßenblock gebildet ist.[8]
Geviert als Gebäudeanordnung
Bereits in der Antike wurden Gebäude im Geviert angeordnet, so dass sie sich um einen mehr oder weniger großen Innenhof gruppieren. Vgl. Palästra, Peristyl, Atrium.
In die mittelalterliche Architektur Europas übertragen wurde das Geviert bei Klosteranlagen, die sich um einen Kreuzgang mit Innenhof gruppieren. Von mittelalterlichen Klosteranlagen auf profane Bauaufgaben abgeleitet sind die Gevierte bei englischen Universitäten und Colleges. In Beschreibungen von Vierflügelanlagen, die um einen großen Innhof angeordnet sind, wird ebenfalls öfters der Begriff Geviert verwendet. Bekannte Beispiele solcher großer Schlossanlagen der Renaissance und des Barock sind etwa das Schloss Celle oder das Aschaffenburger Schloss.
Auch Kasernen und Garagen können als Geviert um einen Platz gruppiert sein. Auch ein mehrflügeliges städtisches Bürgerhaus kann als Geviert aufgefasst werden, das sich um einen Innenhof (Patio) gruppiert. Gevierte findet man auch in traditionellen Häusern in Kerala, den Nālukettus. Sie werden dort als Nadumittan (mittlerer Raum) bezeichnet.[9]
↑Walter Haas: Oben und unten im mittelalterlichen Kirchenbau. In: Architektur, Struktur, Symbol. Streifzüge durch die Architekturgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart. Festschrift für Cord Meckseper zum 65. Geburtstag. Hrsg. Maike Kozok. Imhof, Petersberg 1999, ISBN 978-3-932526-52-7, S. 68. (Books Google)
↑Etwa beim „Geviert des Marktplatzes“ in Brüssel; vgl. Brüssel, auf citytecture.de, abgerufen am 7. September 2024.
↑So bei Karl Grunder (Hrsg.): Zisterzienserbauten in der Schweiz. Neue Forschungsergebnisse zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 2. Verlag der Fachvereine, Zürich 1990, ISBN 978-3-7281-1773-1, S. 42. (Books Google)
↑Zum Beispiel von Fritz Neumeyer, in: Die Zukunft der Metropolen, Paris, London, New York, Berlin. Hrsg. Karl Schwarz, Reimer, Berlin 1984, S. 273. (Books Google)