1899 war er Mitbegründer und Vorsitzender der Gesellschaft der Bibliophilen und ab 1909 (Mit-)Herausgeber der Zeitschrift für Bücherfreunde. 1919 erhielt er eine außerordentliche Professur; auf eine ordentliche Professur wartete er beinahe vergeblich. Erst 1930, ein Jahr vor seiner offiziellen Emeritierung, erhielt er eine solche, die er bis 1933 als Emeritus weiter betreute. Lehrstuhl und Verbeamtung, die damit eigentlich einhergegangen wären, wurden ihm aber nicht zuerkannt. Er selbst sah dies in seiner jüdischen Herkunft begründet.[3]
Nachdem ihm noch 1932 die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft durch Reichspräsident Paul von Hindenburg verliehen worden war, wurden Witkowski im Mai 1933 aufgrund des Berufsbeamtengesetzes die Lehrbefugnis und 1934 sämtliche Ruhegehälter entzogen. 1937 war er sogar kurzzeitig in Haft bei der Geheimen Staatspolizei, nachdem man an ihn adressierte Briefe „staatsfeindlichen Inhalts“ abgefangen haben wollte. Anderthalb Jahre nach dieser Verhaftung, im Mai 1939, emigrierte Witkowski zu Verwandten seiner Frau ins niederländische Leiden. Nur wenige Monate später, am 21. September 1939, drei Wochen nach Beginn des Überfalls auf Polen, starb Witkowski im Alter von 76 Jahren in Amsterdam infolge einer Krebserkrankung.
1937/1938 verfasste Witkowski seine Lebenserinnerungen unter dem Titel Erzähltes aus sieben Jahrzehnten 1863–1933. Sie wurden zuerst 2003 und erneut 2010 veröffentlicht. Mit Maximilian Harden, als dessen jüngerer Bruder er zeitweilig galt, war Georg Witkowski entfernt verwandt.
Nachlass
Der briefliche Nachlass Witkowskis ist über mehrere Archive verstreut; Nachweise dazu finden sich in der Kalliope-Datenbank.
Bedeutung
Seine Lehr- und Forschungsschwerpunkte lagen im Bereich der deutschen Literaturgeschichte des 17. bis 19. Jahrhunderts, der Theaterdramaturgie und -geschichte, der Goethe-Forschung sowie der Editionswissenschaft. Die zuerst 1899 erschienene, mehrfach in veränderter Form erneut gedruckte Goethe-Biografie war seinerzeit weit verbreitet. Sie bildete eine der Hauptquellen Thomas Manns bei der Abfassung des Romans Lotte in Weimar. Auch als Herausgeber zahlreicher wissenschaftlicher Editionen, unter anderem zu Goethe, Schiller, Lessing und Christian Reuter, machte sich Witkowski einen Namen. Erwähnenswert ist überdies seine Gutachtertätigkeit im Prozess um Arthur Schnitzlers Drama Reigen.
Schriften
Die Anfänge des deutschen Theaters. Leipzig 1898.
Goethe. Leipzig 1899.
Goethe. 2. umgearbeitete Auflage, Leipzig 1912.
Goethe. 3., von neuem durchgesehene Auflage, Leipzig 1923.
Cornelia, die Schwester Goethes. Frankfurt am Main 1903.
Was sollen wir lesen und wie sollen wir lesen? o. O. (Leipzig) 1906.
Das deutsche Drama des 19. Jahrhunderts in seiner Entwicklung. Leipzig 1906.
Das deutsche Drama des neunzehnten Jahrhunderts. 5. durchgesehene Auflage, Leipzig 1923.
Geschichte des literarischen Lebens in Leipzig. B. G. Teubner, Leipzig / Berlin 1909. (als Reprint mit einem Nachwort von Christel Foerster: K. G. Saur, München 1994.)
Von Menschen und Büchern. Erinnerungen 1863–1933. (mit einem Nachwort von Bernd Weinkauf) Lehmstedt, Leipzig 2003. / durchgesehene und korrigierte Neuausgabe, Lehmstedt, Leipzig 2010.
Grundsätze kritischer Ausgaben neuerer deutscher Dichterwerke. (Text von 1921) In: Rüdiger Nutt-Kofoth (Hrsg.): Dokumente zur Geschichte der neugermanistischen Edition. Tübingen 2005, S. 70–77.
Editionen (als Herausgeber)
Martin Opitz: Teutsche Poemata. Abdruck der Ausgabe von 1624 mit den Varianten der Einzeldrucke und der späteren Ausgaben. Hg. von Georg Witkowski. Halle a.S.: Niemeyer 1902 (= Neudrucke deutscher Literaturwerke. 189/192).
Schillers sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe in 20 Bänden. (unter Mitwirkung von Karl Berger, Erich Brandenburg, Th. Engert, Conrad Höfer, Albert Köster, Albert Leitzmann und Franz Muncker herausgegeben von Otto Güntter und Georg Witkowski) Verlag Max Hesse, Leipzig o. J. (1906–1911).
Lessings Werke. (kritisch durchgesehene und erläuterte Ausgabe) 7 Bände, Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien o. J. (1911). (= Meyers Klassiker-Ausgaben.)
Georg Witkowski zum 60. Geburtstage. Hedrich, o. O. (Leipzig) o. J. (1923).
Walter Dietze: Georg Witkowski (1863–1939). In: Max Steinmetz (Hrsg.): Bedeutende Gelehrte in Leipzig, Band I. (zur 800-Jahr-Feier der Stadt Leipzig, im Auftrag von Rektor und Senat der Karl-Marx-Universität) Leipzig 1965, S. 197–208.
Walter Dietze: Georg Witkowski (1863–1939). (im Auftrag des Rektors der Karl-Marx Universität Leipzig) Leipzig 1973.
Christel Foerster: Nachwort. In: Georg Witkowski: Geschichte des literarischen Lebens in Leipzig. K. G. Saur, München et al. 1994, S. I–XV. (Reprint nach der Original-Ausgabe im Verlag B. G. Teubner (Leipzig / Berlin) aus dem Jahr 1909, unter Verwendung des Exemplars im Universitätsarchiv Leipzig)
Bernd Weinkauf: Das ungeschriebene Kapitel. Georg Witkowski 1933–1939. (als Nachwort) In: Georg Witkowski: Von Menschen und Büchern. Erinnerungen 1863–1933. Lehmstedt, Leipzig 2003, S. 459–479.