Schlatter studierte Theologie in Heidelberg, wo er 1818 Mitglied der Alten Heidelberger Burschenschaft wurde[1], und war ab 1820 Vikar in Dallau. Er hatte ab 1827 eine Pfarrstelle in Linkenheim inne. Im sogenannten „badischen Katechismusstreit“ verteidigte er 1831 die Einführung eines rationalistisch geprägten Katechismus gegen eine Protest erhebende Gruppe von Pfarrern um den Erweckungsprediger Aloys Henhöfer.[2] Ab 1832 wirkte er in Heddesheim, wo er auch Schulvisitator und Verwalter des Dekanats wurde. Weil er als Vertreter des Liberalismus die herrschenden Zustände in Kirche und Staat kritisierte, wurde er 1844 nach Mühlbach strafversetzt. Nachdem die Badische Revolution, die er als Abgeordneter unterstützt hatte, gescheitert war, wurde er neben der weltlichen Verurteilung auch aus dem Kirchendienst entlassen.
Zum 150-jährigen Gedenken der Revolution erwähnte die badische Landeskirche Schlatter stellvertretend für die „Freunde der Demokratiebewegung 1848/49 innerhalb und außerhalb der Kirche“, die unter ihrem damaligen „verständnislosen, die obrigkeitlichen Repressionen an Härte noch übertreffenden Umgang“ gelitten hatten.
Schlatter war zweimal verheiratet und hatte 17 Kinder. Seine erste Frau, die Tochter des Dallauer Pfarrers, starb 1826 bei der Geburt des ersten Kindes. Seine zweite Frau Eva Margareta Ludwig, die Schlatter als Konfirmandin kennengelernt hatte, brachte von 1827 bis 1847 fast jedes Jahr ein Kind zur Welt. Die große Familie lebte in finanzieller Not, zudem fehlte ihr nach Schlatters Verurteilung als Hochverräter der Vater. Einige Kinder wanderten nach Amerika aus.
In der Zeit nach seiner Haftentlassung setzte sich Schlatter in einer Schrift für die Gleichberechtigung der Juden ein, nachdem er Zeuge von Judenverfolgungen geworden war.
Laufbahn als Revolutionär
In den Revolutionsjahren 1848/49 war Schlatter Abgeordneter im badischen Revolutionsparlament, das durch die Anfangserfolge der Märzrevolution möglich geworden war. In dieser „konstituierenden Landesversammlung“ in Karlsruhe, deren Alterspräsident er war, gehörte Schlatter zu den Gemäßigten um Lorenz Brentano. Nachdem aber die Revolution gescheitert und niedergeworfen war, wurde Schlatter in Rastatt der Prozess gemacht und er wegen Hochverrats zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Nachdem er davon sechs Jahre vorwiegend in Einzelhaft im Bruchsaler Gefängnis abgesessen hatte, kam er durch eine allgemeine Amnestie frei. Auch wurde ihm, der mittlerweile als Privatlehrer in Mannheim lebte und Bücher und Schriften veröffentlichte, wieder ein Gehalt aus einem kirchlichen Fonds zuerkannt.
Schlatter schrieb ein Buch über seine Erfahrungen in der Einzelhaft, die er als System des Strafvollzugs kritisierte. In anderen Schriften wandte er sich gegen die Todesstrafe.
In Heddesheim ist das evangelische Gemeindehaus, in Eppingen-Mühlbach und Heddesheim eine Straße nach ihm benannt.
Werke (Auswahl)
Die preussische Kirchenagende im Verhältniss zu der evangelisch-protestantischen Kirche überhaupt und zu der vereinigten Kirche Badens insbesondere ; nebst Beurtheilung der provisorischen Einführung derselben in der Stadt- und Landdiözese Karlsruhe, 1830
Pietismus, Mystizismus und Orthodoxismus, Mannheim 1845
Die Verfassung der evangelisch-protestantischen Kirche in Baden, wie sie ist und wie sie sein soll, Karlsruhe 1848
Das System der Einzelhaft in besonderer Beziehung auf die neue Strafanstalt in Bruchsal: Stimme eines Gefangenen über Zuchthäuser, Mannheim 1856 online in der Google-Buchsuche
Kerkerblüthen, o. O. 1857
Zuchthausstudien, Die Frucht Einer Sechsjährigen Einzelhaft, 1857
Daß die staatsrechtliche Existenz der evangelisch-protestantischen Kirche keineswegs von Glaubensbekenntnissen und symbolischen Büchern abhängig sei, 1862
Karl Dettling: Georg Friedrich Schlatter aus Weinheim (1799–1875). Ein Leben für Freiheit und Menschenwürde. In: Mühlbacher Jahrbuch 1980, S. 89–141.
Der Rhein-Neckar-Raum und die Revolution von 1848/49. Revolutionäre und ihre Gegenspieler. Hrsg. vom Arbeitskreis der Archive im Rhein-Neckar-Dreieck. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 1998, ISBN 3-929366-64-9, S. 268–272.
Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 5: R–S. Winter, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1256-9, S. 243–244.
Konrad Fischer: Georg Friedrich Schlatter (1799–1875). In: Lebensbilder aus der Evangelischen Kirche in Baden. Band 2: Kirchenpolitische Richtungen, Heidelberg – Ubstadt-Weiher 2010, ISBN 978-3-89735-510-1, S. 35–55.
↑Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 5: R–S. Winter, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1256-9, S. 243.
↑Konrad Fischer: Prophet und Märtyrer des aufrechten Gangs. Pfarrer Georg Friedrich Schlatter aus Weinheim. Vortrag anläßlich seines 200. Geburtstags in der Stadtkirche Weinheim, 16. Dezember 1999, S. 16