Westlich von Gaustadt liegt Bischberg, im Norden erstreckt sich Hallstadt und im Süden wird der Stadtteil vom Michelsberger Wald umschlossen, benannt nach dem Kloster Michelsberg.
Das Kollegiatstift St. Jakob wurde nach den Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Bamberg 1071–1072 unter Bischof Hermann gegründet und mit 25 Kanonikern besetzt. Im Sommer 1072 wurden die Kanoniker entfernt und der Ort mit allen Zugehörungen dem Abt Egbert von St. Michael zur Einführung der Mönchsregel übergeben. Das bedeutet, dass die Stiftung 1071/1072 erfolgte und Gaustadt damit erstmals urkundlich erwähnt wurde. Erkenbertus wurde am 22. März 1087 als Teilnehmer an der Synode der Bamberger Kirche und als Domherr von Bamberg erwähnt. Papst Innozenz IV. bestätigte 1251 die Besitzungen des Klosters Michelsberg, darunter auch Gaustadt.
Am 1. Juli 1972 wurde die damals größte Gemeinde des Landkreises Bamberg trotz einer einundneunzigprozentigen Ablehnung durch die Bürgerversammlung am 24. Juli 1971 im Rahmen der Gemeindegebietsreform in die Stadt Bamberg eingemeindet.[1]
Der traditionelle Ortskern Gaustadts lag im Bereich rund um die Kapelle St. Sebastian und ist heute noch an den kleinen, verwinkelten Gassen in diesem Bereich erkennbar. Umgeben war Gaustadt zu dieser Zeit von Feldern, die zu den vielen Gaustadter Bauernhöfen gehörten. Die Ortsgrenze zu Bamberg lag dadurch ursprünglich etwa einen Kilometer weit vom eigentlichen Ort entfernt. Infolge der Errichtung der ERBA an der Gemeindegrenze zu Bamberg gegen Ende des 19. Jahrhunderts stieg die Nachfrage nach Wohnraum in Gaustadt stark an. So entwickelte sich zunächst der Bereich entlang der Hauptstraße in Richtung Bamberg, geprägt durch die Wohnhäuser des Fabrikbaus, sehr stark. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wurden zunehmend die Felder der ehemaligen Bauernhöfe, vor allem des Cherbonhofes (ehemals großer Hof im Osten Gaustadts), bebaut. Der Ort breitete sich dadurch zunächst im Bereich oberhalb der heutigen Pfarrkirche St. Josef bis hin zum Michaelsberger Wald im Süden und der Grenze zu Bamberg im Osten aus. Die ehemaligen Felder, auf denen sich heute die Ortsmitte befindet, sind teilweise noch an den Straßennamen zu erkennen (so wurde aus dem „Stammfeld“ die Stammfeldstraße, aus der „Sturz“ die Sturzstraße und aus der „Höhe“ die Höhenstraße). Der Westen wurde durch Bebauung des Gebietes rund um das sogenannte Eichhorn westlich des Sylvanersees erschlossen.
Heute ist der Übergang von Gaustadt nach Bamberg fließend, die Ortsgrenze ist nur noch am Ortsschild am Ende der Gaustadter Hauptstraße zu erkennen. Die letzten großen Neubaugebiete Gaustadts waren die Ökosiedlung unterhalb des Bamberger Wegs und die Siedlung am Ochsenanger. Seit Ende der Landesgartenschau Bamberg 2012 entstanden im Backsteinbau und auf dem Areal der ehemaligen ERBA neue Wohneinheiten. Ein weiteres großes Neubaugebiet entsteht auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei oberhalb des Gaustadter Friedhofs. Das ehemalige Gemeindegebiet Gaustadts ist damit weitestgehend durch Wohnbebauung erschlossen. Nur noch vereinzelte Baulücken sind vorhanden. Um der gleichbleibend hohen Nachfrage nach Wohnraum nachzukommen, gab es zuletzt Überlegungen über ein neues Wohngebiet zwischen dem Rothofer Weg und dem Ziegelhüttenweg südlich der Vogt- und Krötleinstraße.
Einwohnerentwicklung
Jahr
Einwohner
1721
177
1760
202
1805
340
1879
1450
1910
2612
1925
2483
1933
2811
1939
3117
1946
3508
1950
3935
Jahr
Einwohner
1960
4673
1970
5632
01.07.1972
5628
31.12.1980
5389
31.12.1987
5423
31.12.1988
5694
31.12.1989
6005
31.12.1990
6127
31.12.1991
6225
31.12.1992
6287
Jahr
Einwohner
31.12.1993
6256
31.12.1994
6217
31.12.1995
6229
31.12.1996
6348
31.12.1997
6410
31.12.1998
6385
31.12.1999
6276
31.12.2000
6311
31.12.2001
6266
31.12.2002
6243
Jahr
Einwohner
31.12.2003
6149
31.12.2004
6202
31.12.2005
6071
31.12.2006
5902
31.12.2007
5835
31.12.2008
5807
31.12.2009
5753
31.12.2010
5722
31.12.2011
5765
31.12.2012
5917
Jahr
Einwohner
31.12.2013
5975
31.12.2014
5949
31.12.2015
5939
31.12.2016
6122
31.12.2017
6434
31.12.2018
6479
31.12.2019
6637
31.12.2020
6771
31.12.2021
7026
31.12.2022
7171
Jahr
Einwohner
31.12.2023
7240
Durch den Entwicklungsschub der Planungen für die Landesgartenschau 2012 und die anschließende Wohnbebauung und Universitätsansiedlung der ERBA-Insel (dieser neue Ortsteil von Gaustadt hatte am 31. Dezember 2023 1062 Einwohner) kam es ab 2011 wieder zu einer Steigerung der Einwohnerzahl. Zum 31. Dezember 2023 erreichte Gaustadt somit seine höchste Einwohnerzahl in der Geschichte.
Wirtschaft und Infrastruktur
Mit der Gründung der Mechanischen Baumwoll-Spinnerei und Weberei Bamberg im Jahre 1858, umgangssprachlich „Spinnerei“, später auch „ERBA“ (Erlangen-Bamberg) genannt, veränderte sich das Aussehen des ländlich geprägten Gaustadts und das Leben seiner Bewohner nachhaltig. Das ursprüngliche Klosterdorf entwickelte sich rasant zu einer Industrie- und Arbeitergemeinde. Mit dem Konkurs der ERBA AG 1993/1994 verlor Gaustadt seinen größten Arbeitgeber und seine wirtschaftliche Bedeutung in der Region. Auf dem Industriegelände entstand der Nordpark, dort fand die Landesgartenschau Bamberg 2012 statt. Noch vor dem Wintersemester 2012/13 bezog die Fakultät Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik der Otto-Friedrich-Universität Bamberg ihren neuen Standort auf der ERBA-Insel.
Die derzeit größten Arbeitgeber Gaustadts sind das Unternehmen Rudolf Zimmermann, Bamberg GmbH, das Leuchten aller Art herstellt, mit ca. 350 und die Brauerei Kaiserdom mit ca. 60 Beschäftigten. Mit der Gasthausbrauerei Kronprinz gibt es seit 2016 eine zweite Braustätte im Stadtteil.
Gaustadt erfuhr Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre eine weitere Veränderung und Vitalisierung durch die Erschließung und Bebauung des Cherbonhofviertels unter anderem mit der Ökosiedlung.
Pestmarter mit Jahreszahl an der Kapelle St. Sebastian
Pfarrkirche St. Josef, erbaut 1899–1906 mit neugotischer Ausstattung
Fischerhof, Erholungsstätte der Mönche des Klosters Michelsberg in Bamberg
Kapelle St. Sebastian, erbaut 1808 als erster Kirchenneubau Nordbayerns nach der Säkularisation
Pestmarter
Cherbonhof (ab 1820 im Besitz der Edlen von Weling und ihrer Nachkommen)
Kriegerdenkmal, 1922 von Hans Leitherer, Bamberg (mit A. Seidlein)
Religion
Die römisch-katholische Pfarrei St. Josef, mit regelmäßigen Gottesdiensten der portugiesischen Mission Nürnberg, zählt ca. 3920 Katholiken mit Erstwohnsitz und bildet mit der Pfarrei St. Martin in der Stadtmitte sowie St. Josef im Hain den Seelsorgebereich St. Martin und St. Josef Bamberg.
Die evangelisch-lutherische Kirche St. Matthäus wurde im Jahr 1964 eingeweiht. Sie steht auf einem Gelände, das der Gemeinde von der Familie Wörner geschenkt wurde.
Seit dem Jahr 2000 nutzt die ukrainische griechisch-katholische Personalpfarrei St. Nikolaus für die Diözesen Bamberg und Würzburg die ehemalige Altenheimkapelle.
Außerdem finden in Gaustadt regelmäßige Gottesdienste der russisch-orthodoxen Gemeinde Nürnberg statt.
Klaus Zachert (1942–2011), deutscher Kommunal- und Landespolitiker (SPD), Konrektor an der Volksschule Bamberg-Gaustadt
Gaustadter Bildsteine
Die drei Bamberger Götzen (Gaustadter Götzen, richtiger: Gaustadter Bildsteine) wurden im Jahr 1858 aus dem Schwemmsand der Regnitz bei Gaustadt geborgen.
Es handelt sich um Skulpturen aus Keuper-Sandstein, der in geologischer Vorzeit im Obermaingebiet abgelagert wurde. Sie sind etwa 1 bis 1,70 m groß. Ihr Alter ist unbekannt, es kann von der Jungsteinzeit bis ins erste nachchristliche Jahrtausend reichen. Demzufolge können die Figuren als heidnische Götzen oder auch als frühchristliche Schöpfungen interpretiert werden.
Einzelnachweise
↑Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C.H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1983, ISBN 3-406-09669-7. Seite 600
Literatur
Konrad Arneth: Gaustadt. Ein fränkisches Klosterdorf. Druckerei Wilhelm Schramm, Hallstadt 1972.
Andreas Sebastian Stenglein: Gaustadt, erstmalige Erwähnung des Ortes. Bamberg 2006.
Ingrid Weidner: Nudeln für alle. Die Ökosiedlung „Cherbonhof“ in Bamberg wird zwanzig Jahre alt – ihr Konzept ist heute noch aktuell. In: Süddeutsche Zeitung, 5. September 2008.