Die FKAD, mit 500 Mitgliedern entstand 1919 als Nachfolgeorganisation der 1914 zerfallenen Anarchistischen Föderation Deutschlands (AFD). Diese war 1900 als Deutsche Föderation Revolutionärer Arbeiter gegründet worden und hatte sich 1903 umbenannt.[2] In der FKAD vereinigten sich, in Abgrenzung zur anarchosyndikalistischenFAUD, vor allem die Anhänger der am kommunistischen AnarchismusPjotr Kropotkins orientierten Variante des Anarchismus. Die bekanntesten Mitglieder der Organisation waren Rudolf Oestreich, Rudolf Rocker und Erich Mühsam. Letztgenannter wurde 1925 allerdings wegen des Vorwurfes einer gewissen Nähe zur KPD aus der Organisation ausgeschlossen, da Mühsam sich in der KPD-nahen Gefangenenhilfsorganisation Rote Hilfe Deutschlands engagierte, die er jedoch auch wegen politischer Differenzen später wieder verließ. Rocker trat aus der FKAD aus, weil diese in ihrem Organ Der Freie Arbeiter einen antisemitischen Artikel von Paul Robien, Der jüdische Nimbus, veröffentlichte. Die FKAD entfaltete ihre Wirkung neben ihrer Aufklärungsarbeit mit eigenem Verlag vor allem in der Solidarität mit international verfolgten Anarchisten und hatte auch Einflüsse auf die Siedlungs- und Freidenkerbewegungen. Dennoch stand sie stets im Schatten der anarcho-syndikalistischen FAUD. Regionale Schwerpunkte hatte sie in Berlin als ihr organisatorisches Zentrum und in Rheinland-Westfalen.
Als "oberste Vertretung" der Föderation fungierte der Kongress, der von der Geschäftskommission möglichst jährlich einberufen werden sollte. Er tagte 1920–1923 und 1925 in Berlin (ursprünglich war 1921 Magdeburg als Tagungsort vorgesehen), 1927 in Magdeburg, 1928 in Hamburg, 1929 in Kassel und zuletzt 1931 wieder in Berlin.[3]
Die Aktivität von Widerstandsgruppen der FKAD gegen den Nationalsozialismus ist nach 1933 vor allem für den westdeutschen Raum, so in Krefeld, Düsseldorf und Aachen zu verzeichnen; diese Gruppen kooperierten zumeist mit örtlichen Strukturen der FAUD.
Der Freie Arbeiter
Der Freie Arbeiter erschien 1904 in Berlin als anarchistische Zeitung mit dem Untertitel „Wissen und Wollen“. Sie war hervorgegangen aus dem 1897 gegründeten Wochenblatt Neues Leben und wurde von 1919 bis 1931 das Organ der Föderation Kommunistischer Anarchisten Deutschlands und ab 1932 der Anarchistischen Föderation Deutschlands.[4] Herausgeber waren unter anderem Albert Weidner, Karl Kielmeyer, Rudolf Rocker, Joseph Oerter und Rudolf Oestreich. Sie erreichte zu Höchstzeiten eine Auflage von über 7000 Exemplaren. Rubriken und Beilagen waren Buchbesprechungen, Informationen über die Jugendbewegung, Vereinskalender, ein anarchistisches Wochenblatt, Antimilitarismus und eine Schriftenreihe „Anarchistische Bibliothek“. Artikel und Beiträge von unter anderem Errico Malatesta, Pierre Ramus, Max Nettlau, Michail Bakunin, Emma Goldman, Erich Mühsam, John Henry Mackay, Berthold Cahn und Rudolf Rocker wurden in der zweiwöchentlich erschienenen Zeitschrift veröffentlicht. Zu weiteren Beiträgern zählten der junge Herbert Wehner sowie Heinrich Vogeler. Zwischen der Nr. 1 (1904) und der Nr. 31 (1914) wurden 86 Verbote erlassen. Ab der Nr. 31 (1. August 1914) wurde die Zeitschrift polizeilich verboten sowie Geldzuweisungen und Briefe von der Post gesperrt.[5]
Literatur
Bücher:
Helge Döhring: Organisierter Anarchismus in Deutschland 1919 bis 1933. Die Föderation kommunistischer Anarchisten Deutschlands (FKAD). Band 1. Verlag Edition AV, Bodenburg 2018, ISBN 978-3-86841-192-8.
Helge Döhring: Anarchisten auf Sinnsuche. Die Föderation kommunistischer Anarchisten Deutschlands (FKAD) 1919–1933. Band 2. Verlag Edition AV, Bodenburg 2019, ISBN 978-3-86841-191-1.
Ulrich Linse: Organisierter Anarchismus im Deutschen Kaiserreich von 1871. Duncker & Humblot, Berlin 1969, über Der Freie Arbeiter: S. 67, 90–91, 109, 163, 167–169, 205–210, 215–218, 224–226, 229–230, 234–235, 242–243, 249–250, 270–274, 309, 317, 322, 362–363 (zugleich: Universität München, Dissertation, 1969).
Zeitschriften:
Interview mit Helge Döhring über die FKAD. In: Gǎidào. (GaiDao) Zeitschrift der anarchistischen Föderation. Nr. 83, November 2017, ZDB-ID 2799453-3, S. 22–30 (fda-ifa.org).
Der Störenfried (Untertitel: Anarchismus und Syndikalismus in Magdeburg). Nr. 12, 2003: „Der ‚Föderation der kommunistischen Anarchisten Deutschlands‘ (FKAD) angeschlossen war der Verein kommunistischer Anarchisten Magdeburgs“.
↑Vgl. hierzu: Andreas G. Graf, Dieter Nelles: Widerstand und Exil deutscher Anarchisten und Anarchosyndikalisten (1933–1945). In: Rudolf Berner: Die Unsichtbare Front. Bericht über die illegale Arbeit in Deutschland (1937) (= Archiv für Sozial- und Kulturgeschichte. Band 7). Hrsg., annotiert und ergänzt durch eine Studie zu Widerstand und Exil deutscher Anarchisten und Anarchosyndikalisten von Andreas G. Graf und Dieter Nelles. Übers. aus dem Schwedischen von Helmut Kirschey und Dagmar Lendt. Libertad Verlag, Berlin/Köln 1997, ISBN 3-922226-23-X, S. 11–13, 20, 30 f., 53, 55, 71, 88 f.
↑Ulrich Linse: Die Anarchisten und die Münchner Novemberrevolution. In: Karl Bosl u. a. (Hrsg.): Bayern im Umbruch. Die Revolution von 1918, ihre Voraussetzungen, ihr Verlauf und ihre Folgen. Oldenbourg, München/Wien 1969, DNB455679355, S. 37–74, hier S. 39.
↑Helge Döhring: Organisierter Anarchismus in Deutschland 1919 bis 1933. Die Föderation kommunistischer Anarchisten Deutschlands (FKAD). Band 1. Verlag Edition AV, Bodenburg 2018, S. 32–34