Fersmanit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung Ca4(Na,Ca)4(Ti,Nb)4(Si2O7)2O8F3[2]. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente Natrium und Calcium beziehungsweise Titan und Niob können sich dabei in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen (Silikatkomplex, Sauerstoff und Fluor) des Minerals. Strukturell gehört Fersmanit zu den Gruppensilikaten (Sorosilikaten).
Fersmanit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem, entwickelt aber meist pseudotetragonale, deformierte Kristalle bis etwa drei Zentimeter Durchmesser.[8] Die Kristalle sind durchsichtig bis durchscheinend und weisen auf den Oberflächen einen glasähnlichen Glanz auf. Die Farbe des Minerals variiert zwischen dunkelbraun und goldgelb. Seine Strichfarbe ist dagegen bräunlichweiß.
Mit einer Mohshärte von 5 bis 5,5 gehört Fersmanit zu den mittelharten Mineralen und entspricht in etwa der Härte des Referenzminerals Apatit (5), das auch im Zahnschmelz enthalten ist.
Erstmals entdeckt wurde Fersmanit am Berg Eweslogtschorr in den Chibinen auf der russischen Halbinsel Kola und beschrieben 1929 durch A. Labuncov, der das Mineral nach dem russischen Mineralogen, Geochemiker und Kristallographen Alexander Jewgenjewitsch Fersman (russischАлександр Евгеньевич Ферсман) benannte.
Da der Fersmanit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Fersmanit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[2] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Fersmanit lautet „Fsn“.[1]
Klassifikation
In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Fersmanit zur Abteilung der „Neso-Subsilikate“ (Mit Kationen in oktaedrischer Koordination (usw.)), wo er zusammen mit Tundrit im Anhang der „Titanit-Reihe“ mit der Systemnummer VIII/A'.07 mit den Mitgliedern Malayait und Titanit eingeordnet war.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich im Aufbau noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/C.16-030. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Gruppensilikate“, wo Fersmanit zusammen mit Belkovit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer VIII/C.16 bildet.[4]
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Fersmanit in die Klasse der „Silikate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen und O, OH, F und H2O“ ein. Hier ist er als zusammen mit Dovyrenit, Götzenit, Mosandrit, Nacareniobsit-(Ce), Rinkit und Roumait in der Gruppe „Mosandrit und verwandte Arten“ mit der Systemnummer 56.02.05 innerhalb der Unterabteilung „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen und O, OH, F und H2O mit Kationen in [4] und/oder >[4]-Koordination“ zu finden.
Als seltene Mineralbildung konnte Fersmanit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher rund 15 Fundorte dokumentiert sind (Stand 2023).[11] An seiner Typlokalität Eweslogtschorr trat das Mineral dabei in den Gängen Nr. 1 und 2 des Labuntsov, dem 3. Nebenfluss des Vuonnemijok auf. Daneben fand es sich in Russland noch am Kukiswumtschorr in den dortigen Apatit-Gruben sowie am Raswumtschorr in den Chibinen.
Der bisher einzige bekannte Fundort in Deutschland ist der etwa 800 Meter nordwestlich der Gemeinde Üdersdorf liegende Steinbruch „Löhley“ im Landkreis Vulkaneifel in Rheinland-Pfalz. Weitere bisher bekannte Fundorte sind nur noch der Steinbruch „Bortolan“ nahe Poços de Caldas in Brasilien und ein Selten-Erd-Grubenfeld im Gebiet der Wet Mountains im Custer County (Colorado).[12]
A. Labuncov: Ферсманит – новый минерал из Хибинских Тундр. In: Доклады Академии Наук СССР. 1929, S.297–301 (russisch, rruff.info [PDF; 213kB; abgerufen am 26. Dezember 2023] Titelübersetzung ins Französische: La fersmanite - un nouveau minéral des Monts Chibines. Publiziert durch Comptes Rendus (Doklady) de l’Académie des Sciences de l’URSS).
Melvin P. Machin: Fersmanite, (Ca,Na)4(Ti,Nb)2Si2O11(F,OH)2: a restudy. In: The Canadian Mineralogist. Band15, 1977, S.87–91 (rruff.info [PDF; 393kB; abgerufen am 26. Dezember 2023]).
Fersmanite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF); abgerufen am 26. Dezember 2023 (englisch).
↑Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S.582 (englisch).
↑ abcde
Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
↑ abc
Elena Sokolova, Frank C. Hawthorne, Alexander P. Khomyakov: The crystal chemistry of fersmanite, Ca4(Na,Ca)4(Ti,Nb)4(Si2O7)2O8F3. In: The Canadian Mineralogist. Band40, 2002, S.1421–1428 (englisch, rruff.info [PDF; 1,7MB; abgerufen am 26. Dezember 2023]).
↑ abcdefg
Fersmanite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 74kB; abgerufen am 30. Dezember 2019]).
↑ abcdFersmanite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 26. Dezember 2023 (englisch).
↑
Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S.207.