Er spielte jedes Stück als Improvisation, und so war keine Aufführung mit einer anderen identisch, belegt durch mehr als 70 Einspielungen auf Tonträgern. 1976 erhielt er den Deutschen Schallplattenpreis für seine Bearbeitung von Kompositionen Franz Schuberts.
Anfang der 1960er Jahre führte ihn eine Konzerttournee mit einem Sextett nach Ost-Berlin. Nachdem die Musiker von der rumänischen Botschaft ein Tagesvisum für West-Berlin erhalten hatten, kehrten sie von dort nicht mehr zurück. Die meisten Musiker der Band gingen nach Nordamerika, Cicero blieb in der Bundesrepublik Deutschland.[1] Der Schlagzeuger Charly Antolini vermittelte ihn an die Plattenfirma SABA/MPS, wo die beiden in den Jahren darauf sieben Schallplatten einspielten. Von West-Berlin aus zog er weiter in die Bundesrepublik Deutschland und in die Schweiz, wo er seine spätere Frau, die Tänzerin Lili Cziczeo, kennenlernte. 1965 spielte er die LP Rokoko-Jazz ein, die weltweit über eine Million Mal verkauft wurde.
1966 kehrte er nach Berlin zurück und verbrachte hier einen wesentlichen Teil seines weiteren Lebens. Er spielte von 1965 bis 1971 beim RIAS Tanzorchester, später bei der SFB Big Band von Paul Kuhn, mit den Münchner Philharmonikern, dem Arrangeur und Big-Band-Leiter Peter Herbolzheimer und vielen anderen Größen des Jazz. 1970 wurde sein Sohn Roger Cicero geboren, der nach seiner Eurovisionsteilnahme 2007 für Deutschland bis zu seinem frühen Tod im März 2016 ebenfalls ein bekannter Jazzmusiker war. Eugen Ciceros Stieftochter Babette „Babsi“ Döge starb 1977 im Alter von 14 Jahren in Berlin an einer Überdosis Heroin. Sie erlangte traurige Berühmtheit durch das Buch Wir Kinder vom Bahnhof Zoo und als damals jüngste Drogentote Deutschlands.[2] 1980 wurde die Ehe mit Lili Cziczeo geschieden.[3][4] 1982 übersiedelte er in die Schweiz und wurde Vater einer Tochter. Er trat häufig in Japan auf und spielte dort auch eine Reihe von Aufnahmen ein. Eugen Cicero starb am 5. Dezember 1997 im Alter von 57 Jahren an einem Hirninfarkt.
Musik und Persönlichkeit
Bei vielen seiner Kollegen war er wegen seiner Großzügigkeit sehr beliebt – er teilte häufig seine Einnahmen mit finanziell weniger erfolgreichen Musikerkollegen. Die Presse wie auch die Promotion seiner Plattenfirma beschreibt seine Musik als Mischung von Jazz und Klassik. Cicero verstand es, die klassischen Elemente nahtlos in sein Spiel einzubauen. Er konnte jederzeit vom triolisch-amerikanischen in barocken klassischen Stil wechseln, ohne dass der Bogen verloren ging oder ein stilistischer Bruch eintrat. Ein Beispiel seiner Improvisationskunst ist seine ideenreiche Interpretation der Mozart’schen Variationen über das KinderliedAh vous dirai-je Maman (Morgen kommt der Weihnachtsmann).
Oft trat er als Solist auf. Der spieltechnische Unterschied zwischen rechter und linker Hand war bei ihm gänzlich aufgehoben, ähnlich wie bei Art Tatum und Oscar Peterson. Cicero bevorzugte das Spiel mit anderen Musikern. Bekannt ist der „Cicero-Lauf“, eine Folge sehr schneller chromatisch-abfallender kleiner Terzen, die nur mit einer – meist der rechten – Hand gespielt werden und die Cicero oft als verbindendes Element bzw. Farbmuster zwischen zwei Themen einsetzte. Vereinzelte Kritik erntete Eugen Cicero wegen seiner zeitweiligen Nähe zur sogenannten U-Musik – etwa vergleichbar mit James Last, Paul Kuhn oder Erwin Lehn.[5] Cicero war ein Pionier des Crossover, lange bevor dieser Begriff Einzug in die Musiktheorie hielt.