Er wurde als ältester von drei Söhnen des Juristen, Geheimen Justizrats, Gerichtsdirektors und Freimaurers Robert Emil August Thesing geboren,[3][4][5][6] der zu dieser Zeit als Kreisrichter amtierte und mit Martha, geborene Bredschneider, verheiratet war. Ernst Thesings jüngster Bruder war der Biologe Curt Thesing.[4]
Ernst Thesing war seit 1904 mit Agnes Karoline Podestà (* 7. Mai 1877 in Barmen) verheiratet, die 52-jährig am 2. Juni 1929 in der Magdeburger Krankenanstalt Altstadt verstarb.[7][8][9][10] Sie war als Lehrerin für Englisch und Französisch tätig und wirkte künstlerisch als Malerin. Sie war u. a. mit der seinerzeit bekannten Magdeburger Künstlerin Marie Klara „Marianne“ Rusche (1878–1959) befreundet.[11] Die aus der Ehe hervorgegangene Tochter Hilde Käthe Klose (* 22. März 1905),[12] geborene Thesing, war seit dem 1. März 1937 mit dem Ingenieur Otto Klose verheiratet.[13] Sie verstarb am 6. Oktober 1939 in Magdeburg im Alter von 34 Jahren durch Suizid.[14]
Er arbeitete zunächst als Assistent am Marburger Hygiene-Institut (heute: Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene) in der alten chirurgischen Klinik am Pichelstein unter dem Institutsleiter und NobelpreisträgerEmil von Behring[21] und als Schiffsarzt.[15]
In Marburg trat er in die SPD ein. 1904 folgte er einer Einladung nach Magdeburg, die der sozialdemokratische Redakteur und Schriftsteller Paul Bader ausgesprochen hatte, und ließ sich dort in der Folge als praktischer Arzt nieder.[22][23]
Thesing war in der Folge als Magdeburger Schularzt tätig und baute aufgrund der auch unter Kindern weit verbreiteten Tuberkulose (Tbc) Magdeburgs Lungenfürsorge auf. Sein ärztliches Engagement galt demzufolge auch den Armen und den kinderreichen Familien.[22][2][15] Zwischen 1907 und 1913 veröffentlichte er in der so bezeichneten Arbeiter-Gesundheitsbibliothek des Berliner Vorwärts-Verlags.
Vom 13. bis 15. Juni 1919 nahm Thesing am 8. Deutschen Pazifistenkongress der Deutschen Friedensgesellschaft und der Zentralstelle Völkerrecht im Preußischen Herrenhaus in Berlin teil. Dabei formulierte er den Resolutionsantrag: „Der Kongreß erkennt an, daß die entscheidende Schuld am Ausbruch des Weltkrieges die alte deutsche und österreichisch-ungarische Regierung in Gemeinschaft trifft“. Seinem Antrag wurde stattgegeben.[24]
Thesings gesundheits- und sozialpolitisches Engagement wurde jäh beendet, als ihn die an die Macht gekommenen Nationalsozialisten 1933 aus allen Ämtern entfernten.[22][27] Er musste sich von diesem Zeitpunkt an auf seine eigene Arztpraxis beschränken, konnte dort jedoch sowohl jüdischen Mitbürgern als auch ab 1940 belgischen und französischen Zwangsarbeitern aktive Hilfe leisten.[2][15]
Er verstarb im Alter von 79 Jahren und wurde auf dem Magdeburger Westfriedhof beigesetzt.[9]
Veröffentlichungen
Duell – Ehre – „Ernst“!, Oscar Ehrhardt, Marburg 1896 OCLC312750690
mit Wolfgang Lehmus als Mitherausgeber: Musenalmanach Marburger Studenten, N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung, Marburg 1901 OCLC162647475; Illustrationen: Otto Arndts
Zur Frage, „Ist die Cholelithiasis chirurgisch oder intern zu behandeln?“ Statistisches und Theoretisch-Kritisches, Inaugural-Dissertation, H. Bauer, Marburg 1901 OCLC748649356
Vom medizinischen Aberglauben, Arbeiter-Gesundheitsbibliothek, Band 12, Vorwärts, Berlin 1907 OCLC753691671
Nachwort in: Adolf Maetze: Feiergedanken eines Arbeiters in Gedichten und Skizzen, Peters, Magdeburg, 1911 OCLC72851245
Die Berufskrankheiten der Maurer und Bauarbeiter, Arbeiter-Gesundheitsbibliothek, Band 13, Vorwärts, Berlin 1913 OCLC72652000
Lithografie
Aus dem Jahr 1920 stammt eine Lithografie, die Thesing porträtiert. Diese wurde durch den Magdeburger Grafiker und Maler Bruno Beye kurz vor dessen Umzug nach Berlin geschaffen.[15]
Ehrung
Die Stadt Magdeburg gedenkt Ernst Thesing und weiterer Kommunalpolitiker, die während der Zeit des Nationalsozialismus diskriminiert, ihres Amtes beraubt, verfolgt, in Konzentrationslager verschleppt, ins Exil getrieben oder ermordet wurden, auf einem an einer Stele angebrachten gravierten Panel aus Edelstahl am Rathausanbau zwischen Hartstraße und Johanniskirche, Alter Markt 6.
Agnes und Ernst Thesings Grabstätten befinden sich auf dem Magdeburger Westfriedhof.[9]
Literatur
Erich Jeske: Trauerrede für Ernst Thesing, undatiertes Redemanuskript, in: Archiv des Instituts für Pflegegeschichte Qualzow (Plegehistorische Sammlung Wolff)
Helmke Schierhorn/Thomas Klemm: Grabmäler bedeutender Ärzte in Magdeburg In: Magdeburger Blätter, Rat der Stadt Magdeburg/Pädagogische Hochschule Erich Weinert, Magdeburg 1984, S. 86f. OCLC21366598
Martin Wiehle: Magdeburger Persönlichkeiten (= Magdeburger Schriftenreihe), ImPuls-Verlag, Magdeburg 1993, ISBN 978-3-9101-4606-8, S. 146
Einzelnachweise
↑National Library of Medicine Catalog, Vol. 3, Judd & Detweiler, Washington, D.C., 1960, S. 538.
↑Tauf-Register der Bartenschen Stadt- und Land-Gemeinde vom Jahre 1871 bis zum Jahre 1883, Eintrag Nr. 16/1874
↑ abHorst Brasch: Lebensdauer. Erinnerung an Curt Thesing, einen deutschen Patrioten und Humanisten. Selbstverlag, Ost-Berlin 1987. In: Bundesarchiv, Signatur: BArch NY 4301/7–8.
↑ abEgon Janz: Die Tilsiter Freimaurerlogen im 19. Jahrhundert in: 27. Tilsiter Rundbrief (PDF-Datei; 3,2 MB), Ausgabe 1997/98, hrsg. v. d. Stadtgemeinschaft Tilsit e. V., Kiel, November 1998, S. 44–48, auf: tilsit-stadtundland.de
↑Sterbebuch-Eintrag Nr. 1213/1929, Standesamt Magdeburg-Altstadt
↑Harry Graf Kessler, Hans-Ulrich Simon, Werner Volke, Bernhard Zeller: Das Tagebuch 1880–1937, Band 7: 1919–1923, Klett-Cotta-Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 978-3-7681-9817-2, S. 1062.
↑Heinrich Dorn (Bearb.): Geschichte der Loge „Irene“ zu Tilsit – Zum 75jährigen Jubelfeste der Loge am 26. Februar 1899
↑Heinrich Dorn: Zur Geschichte der Loge „Irene“ zu Tilsit aus der Zeit von 1899 bis 1924 – Zum 100jährigen Jubelfeste der Loge am 26. Februar 1924. Reyländer & Sohn, Tilsit 1924.
↑Ernst Thesing, Wolfgang Lehmus (Hrsg.): Marburger Musenalmanach, N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung, Marburg 1901 OCLC162647475
↑ abIm Jahr 1932 ist der Stadtrat und praktische Arzt Dr. med. Ernst Thesing mit seiner Praxis in der Jakobstraße 43 I. und seinem Privatwohnsitz in der in der Nähe befindlichen Neustädter Straße 1 im Adressbuch Magdeburgs, 1. Teil, S. 346, verzeichnet.
↑Helmuth von Gerlach: Achter Deutscher Pazifistenkongreß der Deutschen Friedensgesellschaft und der Zentralstelle Völkerrecht – Verhandlungsbericht. Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte, Charlottenburg 1919, S. 36, 67, 72, 78, 176, 177.
↑Harry Graf Kessler, Hans-Ulrich Simon, Werner Volke, Bernhard Zeller: Das Tagebuch 1880–1937, Band 7: 1919–1923, Klett-Cotta-Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 978-3-7681-9817-2, S. 327.