Norton wuchs als eines von acht Geschwistern als Sohn eines Staatsbeamten in London auf und knüpfte dort schon früh Kontakte zum Theater. Eine seiner bekanntesten frühen Rollen war der Hase in der Bühnenfassung von Lewis CarrollsAlice im Wunderland, den er mit 18 Jahren verkörperte (Foto rechts unten). Bereits drei Jahre später, 1889, entschloss sich Norton zur Auswanderung in die USA, dessen Staatsbürgerschaft er aber erst 1927 annehmen sollte. Hier ließ er sich zunächst in New York nieder und konzentrierte sich auch weiterhin auf die Theaterarbeit. Am Broadway konnte man ihn in so verschiedenartigen Inszenierungen sehen wie von den Stücken The School for Scandal (1902), The Prince of Pilsen (1903), The Maid and the Mummy (1904), The American Lord (1906), Nearly a Hero (1908), An Englishman’s Home (1909), Madame Troubadour (1910), The Spy (1913), The Beautiful Adventure (1914), Beau Brummell (1916), The Basker (1916), The Melting of Molly (1918/19), The Love Letter (1921) und Shakespeares Wie es euch gefällt (1923).
Zwischenzeitlich hatte Norton sich längst ein zweites berufliches Standbein beim (noch stummen) Film erarbeitet. Seit seinem Abgang von der Bühne besaß die Kinematographie eindeutig Vorrang, und Norton trat zumeist mit Nebenrollen von oft chargenhafter Größe in zahllosen Unterhaltungsproduktionen auf. Von hagerer Statur und mit einem asketisch-sehnigen Gesicht ausgestattet, spielte er immer wieder distinguierte Butler, Hausdiener und Chauffeure, aber auch mehrmals ebensolche Vertreter des Hochadels und an der Seite von Laurel und Hardy sogar einmal einen Professor (in Genies in Oxford). Ernst Lubitsch besetzte Norton im ausgehenden Stumm- und frühen Tonfilm gleich dreimal (in Alt-Heidelberg, Liebesparade und in Monte Carlo). Bisweilen hart an der Grenze zur Parodie auf das Stiff-Upper-Lip-Britentum operierend, bereicherten Nortons Filmtypen, die selbst in Situationen größter Not die Contenance zu wahren wussten, auch Horrorfilmklassiker der 1930er Jahre wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde, Draculas Tochter und Frankensteins Sohn (Foto rechts unten). Im Alter von 80 Jahren beendete der seit 1949 verwitwete Edgar Norton seine Filmtätigkeit und zog sich ins Privatleben zurück.