Ein Prinz will zum Kummer des Vaters nie heiraten. Doch einmal schneidet er sich in den Finger, Blut tropft auf weißen Ricottakäse, da sucht er eine Frau, die so aussieht. In Frankreich muss er seine Diener zurücklassen, schifft über Gibraltar nach Indien. Zwei alte Frauen schicken ihn weg, bevor ihre drei Söhne und drei Töchter ihn fräßen. Die dritte gibt ihm drei Zitronen, die er aufschneiden soll, der erscheinenden Fee soll er sofort Wasser geben. Zweimal ist er zu langsam, mit der dritten hat er die Geliebte im Arm. Er versteckt sie in einer Eiche, reitet voraus und holt Kleider. Eine Mohrin, die am Brunnen Wasser holt, hält das Spiegelbild erst für ihres. Sie sticht die Fee in den Kopf, die als Taube entfliegt, und belügt den Prinzen, sie sei die verwandelte Fee. Bei den Hochzeitsvorbereitungen hört der Koch die Taube singen, kocht sie auf Befehl der Mohrin, doch aus den Federn wächst ein Baum mit drei Zitronen, worin der Prinz die Fee wiederfindet. Die Böse wird nach eigenem Urteil verbrannt.
Bemerkungen
Das Märchen bereitet die folgende Entlarvung der Betrügerin in der Rahmenhandlung des Pentameron vor. Vgl. zur Farbmotivik Basiles IV,9 Der Rabe, sonst V,4 Der goldene Stamm. Er kontrastiert mehrfach weiße Unschuld und listigen „Schwarzarsch“, die in gebrochenem Italienisch denkt, „so schön sein und Herrin sie schicken Wasser holen“, sich wie Narziss in ihr vermeintliches Spiegelbild verliebt und den Krug zerbricht. Die Eltern sehen bestürzt, wie ihr Sohn eine „weiße Taube“ gesucht und „eine schwarze Krähe aufgeladen“ hat. Das Lied der Taube lautet: „Du Koch, du Koch in der Küche drin, schau: Was macht der König mit der Sarazenenfrau?“. Die Farben Weiß und Rot parodieren in verbreiteter Weise das Hohelied (Hld 1,1 EU), in EschenbachsParzival fällt Blut auf Schnee. In KletkesMärchensaal erschien 1845 Die drei Citronen (Nr. 21). Cirese/Serafini nennen 58 moderne italienische Varianten in Tradizioni orali non cantate.[1]
Es handelt sich um den ältesten Beleg des besonders im Mittelmeerraum häufigen Märchentyps AaTh 408, Subtyp A, der sehr stabil über Balkan und Kaukasus bis Persien vorkommt, in Spanien und Südamerika nur Subtyp B, im Norden selten. Er beginnt oft mit Fernliebe durch den Fluch einer alten Frau. Die erneute Baumgeburt am Ende ist selten. Es sind poetische Märchen mit erotischen Bildern, plastischen Szenen. Formelhafte Reden, oft Verse sind fester Bestandteil. Anklänge hat Lorenzo LippisMalmantile racquistato (7,27 – 105; 1676). Das französische Feenmärchen Incarnat, blanc et noir (anonym, 1718) hat ein sonst indischen Varianten eigenes Schlussmotiv. Božena Němcová rezipierte die Version der ersten slowakischen Märchensammlung, 1845. Agustín Durán schrieb Legenda de las tres toronjas del vergel de amor, 1856. Einzelmotive sind älter, etwa Paradiesfrüchte im indischen Rāmāyana und arabischen Beschreibungen der Wāq-wāq-Inseln bei al-Masʿūdī und Ibn al-Wardī, chinesische Märchen vom Schneckenmädchen, die mehrfache Wiedergeburt im ägyptischen Brüdermärchen (AaTh 318). Carlo Gozzis Theatermärchen L‘amore delle tre melarance (1761) und Sergej Prokof‘evs Oper Ljubov‘ k trëm apel‘sinam (1921) gehören nicht zu Basiles Traditionsstrang.[4]
Giambattista Basile: Das Märchen der Märchen. Das Pentamerone. Herausgegeben von Rudolf Schenda. C.H. Beck, München 2000, ISBN 3-406-46764-4, S. 464–473, 568–570, 616–617 (nach dem neapolitanischen Text von 1634/36, vollständig und neu übersetzt).
Christine Shojaei Kawan: Orangen: Die drei O. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 10. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2002, ISBN 3-11-016841-3, S. 346–355.
Einzelnachweise
↑Giambattista Basile: Das Märchen der Märchen. Das Pentamerone. Herausgegeben von Rudolf Schenda. C.H. Beck, München 2000, ISBN 3-406-46764-4, S. 616–617 (nach dem neapolitanischen Text von 1634/36, vollständig und neu übersetzt).
↑Walter Scherf: Das Märchenlexikon. Band 1. C. H. Beck, München 1995, ISBN 978-3-406-51995-6, S. 233–237.
↑Christine Shojaei Kawan: Orangen: Die drei O. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 10. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2002, ISBN 3-11-016841-3, S. 346–355.