Die Nacht ist vorgedrungen ist ein von Jochen Klepper (1903–1942) geschaffenes Gedicht, das von Johannes Petzold vertont als Adventslied Eingang in zahlreiche Gesangbücher gefunden hat.
Das am 18. Dezember 1937 entstandene Gedicht[1] erschien 1938 in dem Band Kyrie. Geistliche Lieder. unter dem Titel Weihnachtslied.[2] Klepper schickte ihm programmatisch den Bibelvers voraus:
„Und das tut, weil ihr die Zeit erkennt, nämlich dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts. (Röm 13,11–12 LUT)“
Dieser Vers ist Teil der altkirchlichen Epistel des 1. Adventssonntags (heute: OGTL II bzw. Lesejahr A).
Das Lied charakterisiert seine Zeit als eine in nächtlichem Dunkel befindliche, der wohl der anbrechende Tag folgt, welcher auch durch den dreifach erwähnten Morgenstern gekennzeichnet wird und zu dessen Lobgesang Strophe 1 aufruft. Gleichwohl bleibt der Ton gemessen. „Angst und Pein“ werden „beschienen“, nicht beseitigt, und von einer Sonne oder gar „Freudensonn“[3] ist nicht die Rede.
Die Strophen 2 und 3 kündigen das Weihnachtsgeschehen an, das Erscheinen des menschgewordenen Gottes als „Kind und Knecht“ und verweisen auf den „Stall“ der weihnachtlichen Tradition.
Strophe 4 greift das Motiv des wandernden Sterns von Betlehem auf, der den Weg heraus aus dem Dunkel weist (Mt 2,9 LUT). Gleichwohl beschreibt die abschließende Strophe 5 dieses Dunkel als Wohnort, den Gott erwählt hat, um denen im Dunkel nahe zu sein und dort hinein „Licht und Heil“ zu bringen.
Klepper notierte kurz vor der Entstehung seines Gedichts hinsichtlich diskriminierender Behinderungen seiner Publikationen seitens der Reichsschrifttumskammer wegen der jüdischen Herkunft seiner Ehefrau:
„Es geschieht Hannis wegen. Ich glaube nicht an Aktionen. Gott will im Dunkel wohnen, und das Dunkel kann nur durchstoßen werden durchs Gebet.[4]“
Alexander Lasch: Die Nacht ist vorgedrungen. Analyse auf der Basis von Text (Klepper), Melodie (Petzold) und Satz für vierstimmigen Chor von Christoph Kircheis. Der Satz wird Weihnachten 2012 publiziert in Chemnitzer Weihnacht. Sätze und Kompositionen Chemnitzer Komponisten (Edition Chorus mundi).
↑Jochen Klepper: Unter dem Schatten deiner Flügel. Aus den Tagebüchern der Jahre 1932–1942; hrsg. von Hildegard Klepper; Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1956; Tagebucheintrag zum 18. Dezember 1937, S. 531
↑Jochen Klepper: Kyrie. Geistliche Lieder.Berlin, 1938, S. 26.
↑Jochen Klepper: Unter dem Schatten deiner Flügel. Aus den Tagebüchern der Jahre 1932–1942; hrsg. von Hildegard Klepper; Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1956; Tagebucheintrag zum 7. Dezember 1937, S. 524.