Diana Vico wurde in Venedig geboren, damals das glanzvolle Zentrum der italienischen Oper.[1][2] Dort debütierte sie auch 1707 in Girolamo Polanis Oper Vindice la pazzia della vendetta. Neben Engagements in anderen italienischen Städten wie Verona (1708), Ferrara (1711) und Padua (1712, 1718), kehrte sie immer wieder an die Theater ihrer Heimatstadt zurück.[1]
Es war im Barock nicht ungewöhnlich und wegen der Vorliebe für hohe Kastratenstimmen auch nicht besonders auffällig, dass Frauen in Männerrollen auftraten (z. B. auch Maria Maddalena Musi, Margherita de L’Épine, Vittoria Tesi u. a.), aber Diana Vico scheint sich ausgesprochen darauf „spezialisiert“ zu haben.[2] Ob dies einer persönlichen Vorliebe entsprach, oder ob sie wegen ihrer schönen dunklen Alt-Stimme und eines vielleicht nicht sehr attraktiven Äußeren in Hosenrollen einfach bessere Karriere-Chancen hatte, ist nicht bekannt. Anders als der Kastrat Farfallino, der umgekehrt auf Frauenrollen spezialisiert war (weil in Rom nur Männer auftreten durften), verkörperte die Vico aber gelegentlich auch weibliche Heroinen.
Von 1714 bis 1716 ging sie an das King’s Theatre am Haymarket in London, wo sie zum ersten Mal am 16. November 1714 in der Rolle des Ricimero in dem PasticcioErnelinda sang (u. a. mit Musik von Gasparini).[5][2][1] Sie war ein angesehenes Mitglied der Londoner Oper und hatte normalerweise secondo-Rollen,[5] außer bei der Wiederaufnahme von Händels Rinaldo am 30. Dezember 1714, wo sie die Titelrolle anstelle des berühmten Publikumslieblings Nicolino sang, der den Part später wieder übernahm, als er von Italien zurückkehrte.[6]
Händel schrieb für Diana Vico die Rolle des Dardano in Amadigi (UA:[7] 1715), worin sie u. a. die ausdrucksvolle pathetische Arie „Pena tiranna“ mit obligatem Fagott und Oboe zu singen hatte – nicht nur eine der schönsten, sondern auch „eine der am besten gearbeiteten und meisterhaftesten Kompositionen dieser Oper“ („one of the most elaborate and masterly compositions in the opera“; Charles Burney).[8]
Am 27. August 1715 gehörte Diana Vico neben Nicolino und „Margarita“ (de L’Épine) zu den Sängern einer einzigen vom König gewünschten Vorstellung von Francesco MancinisHydaspes (oder Idaspe fedele).[9] Außerdem übernahm sie die Rollen des Vologeso in Lucio Vero und des Segestes in Arminio,[2] sowie im Februar–März 1716 den Mario in Alessandro ScarlattisPirro e Demetrio.[2][9]
Danach verabschiedete sie sich von London und kehrte nach Italien zurück, wo sie in den kommenden Jahren bis 1721 außer in Venedig[1] an Theatern in Bologna, Padua, Genua, Florenz, Turin, Reggio und Modena auftrat.[2]
In Florenz sang sie im Karneval 1719 die Titelrolle der Diana in Luca Antonio Predieris Oper La finta pazzia di Diana („Der vorgetäuschte Wahnsinn der Diana“) – die Übereinstimmung des Namens von Interpretin und Opernfigur war dabei sicher kein Zufall.[11]
Auch im folgenden Jahrzehnt hatte ihre Karriere noch zahlreiche Höhepunkte aufzuweisen. Am Teatro San Giovanni Grisostomo trat die Vico in der Spielzeit 1720–21 mehrmals neben Francesca Cuzzoni und Faustina Bordoni auf: in Antonio PollarolosLucio Papirio dittatore in der Rolle des Quinto Fabio (UA: 26. Dezember 1720)[12] und in OrlandinisNerone als Agrippina (UA: 11. Februar 1721).[3][13] Von der Vico als Quinto Fabio existiert eine Karikatur von Marco Ricci (Abb. oben).
Am Teatro San Giovanni Crisostomo in Venedig ist sie ein letztes Mal im Winter 1726–1727 nachzuweisen, neben Lucia Facchinelli in Nicola Porporas Meride e Selinunte (als Meride; UA: 26. Dezember 1726).[1][19] Im selben Jahr trat sie noch in Bologna auf und stand 1729 in Mailand mit Vittoria Tesi und dem jungen Caffarelli auf der Bühne in der Uraufführung von Predieris Eurene.[20] In derselben Stadt hatte sie 1732 anscheinend ihren letzten Auftritt in Portas Gianguir, an der Seite von Giovanni Carestini und des später berühmten Tenors Angelo Amorevoli.[21][3]
Diana Vicos Todesdatum und -ort sind bisher nicht bekannt.
Eine ungefähre Vorstellung von der Wirkung Diana Vicos auf der Bühne vermittelt eine Karikatur von Marco Ricci, auf der man sie in antikisierender Rüstung mit Federhelm und Schwert sieht, wahrscheinlich als Quinto Fabio in der Oper Lucio Papirio dittatore im Teatro San Giovanni Grisostomo im Jahr 1720. Die Zeichnung gehört zu einem Album aus der Bibliothek von Joseph Smith, das heute im Besitz der Royal Collection ist. Eine andere Karikatur Diana Vicos befindet sich in einem Album von Anton Maria Zanetti (Fondazione Giorgio Cini, Venedig).[22]
Literatur
Charles Burney: A General History of Music: From the Earliest Ages to the Present…, Bd. 4, Bechet, London, 1789, S. 250–51, in Auszügen online auf Google-Book (englisch; Abruf am 26. Juni 2020)
Winton Dean: Vico, Diana, Artikel in Oxford Music online (englisch; Abruf am 26. Juni 2020)
Philip H. Highfill, Kalman A. Burnim, Edward A. Langhans: Vico, Diana, in: A Biographical Dictionary of Actors, Actresses, Musicians, Dancers, Managers and Other Stage Personnel in London, 1660–1800, Bd. 15 (Tibbett to M. West), SIU Press, 1973, S. 155, online als Google-Book (englisch; Abruf am 23. Juni 2020)
Weblinks
Diana Vico, Karikatur von Marco Ricci auf der Website des Royal Collection Trust (englisch; Abruf am 26. Juni 2020)
Diana Vico, Kurzbiographie online auf Quell‘Usignolo (französisch; Abruf am 26. Juni 2020)
↑ abcdefgPhilip H. Highfill, Kalman A. Burnim, Edward A. Langhans: Vico, Diana, in: A Biographical Dictionary of Actors, Actresses, Musicians, Dancers, Managers and Other Stage Personnel in London, 1660-1800, Bd. 15 (Tibbett to M. West), SIU Press, 1973, S. 155, online als Google-Book (englisch; Abruf am 23. Juni 2020)
↑ abcdefDiana Vico, Kurzbiographie online auf Quell‘Usignolo (französisch; Abruf am 26. Juni 2020)
↑ abCharles Burney: A General History of Music: From the Earliest Ages to the Present…, Bd. 4, Bechet, London, 1789, S. 250, in Auszügen online auf Google-Book (englisch; Abruf am 26. Juni 2020)
↑Charles Burney: A General History of Music: From the Earliest Ages to the Present…, Bd. 4, Bechet, London, 1789, S. 250-51, in Auszügen online auf Google-Book (englisch; Abruf am 26. Juni 2020)
↑Charles Burney: A General History of Music: From the Earliest Ages to the Present…, Bd. 4, Bechet, London, 1789, S. 25 und 254, in Auszügen online auf Google-Book (englisch; Abruf am 26. Juni 2020)
↑ abCharles Burney: A General History of Music: From the Earliest Ages to the Present…, Bd. 4, Bechet, London, 1789, S. 256, in Auszügen online auf Google-Book (englisch; Abruf am 26. Juni 2020)