Deutsches Primatenzentrum

Koordinaten: 51° 33′ 41″ N, 9° 57′ 8″ O

Haupteingang des DPZ

Das Deutsche Primatenzentrum GmbH (DPZ), Leibniz-Institut für Primatenforschung, wurde 1977[1][2] als ein eigenständiges Forschungsinstitut mit Dienstleistungscharakter für die deutsche Wissenschaft in Göttingen gegründet. Das Zentrum hält etwa 1.300 Affen (Stand 2017),[3] die für eigene Forschung eingesetzt werden und auch an andere tierexperimentelle Einrichtungen abgegeben werden.

Das DPZ ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft und wird anteilig vom Bund und von den Ländern grundfinanziert. Zusätzlich werden ca. 40 % des ca. 15 Millionen Euro umfassenden Etats von den Wissenschaftlern des Hauses von Forschungsförderungs-Organisationen eingeworben.

Forschungsfelder

Die am DPZ durchgeführten Tierversuche an Primaten sollen der Bearbeitung grundlagenorientierter biologischer und biomedizinischer Fragestellungen dienen. Auch das Studium und der Erhalt frei lebender Primatenpopulationen und die Verbesserung der Haltung von Tieren gehören zum Forschungsspektrum des DPZ.

Die Forschungsfelder des Zentrums sind gegliedert in drei Schwerpunkte[4]:

  • Organismische Primatenbiologie (Forschung zu Verhalten, Biodiversität, Sozialbeziehungen, Kognition und Kommunikation verschiedener Primatenarten häufig aus einer ökologischen und evolutionären Perspektive; Erforschung von Verwandtschaftsbeziehungen auf genetischer Ebene)
  • Neurowissenschaften (Untersuchungen zu Informationsverarbeitung, Entscheidungsfindung, Planung und Ausführung von Bewegungsabläufen sowie Struktur, Stoffwechsel und Funktionen des Gehirns; Erforschung des Hörsystems mit optogenetischen Cochlea-Implantaten)
  • Infektionsforschung (Erforschung viraler Infektionskrankheiten sowie Prionenerkrankungen mit dem Fokus auf angeborene Immunität und Virus-Wirt-Interaktionen auf zellulärer Ebene; Untersuchung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen)

Im Jahr 2016 haben Forscher vom Deutschen Primatenzentrum drei neue Affenarten auf Madagaskar entdeckt.[5]

Kooperationen

Das DPZ ist durch vielfältige Kooperationen eng in den Forschungsstandort Göttingen eingebunden. So sind die Abteilungsleiter gleichzeitig Professoren der Universität Göttingen oder der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Tierversuche an Primaten

Tierversuche sind umstritten. Werden Primaten als Versuchstiere eingesetzt, gibt es unterschiedliche ethische Bewertungen. So werfen Tierschützer dem Zentrum vor, die durchgeführten Versuche seien für die Tiere mit „schweren Schmerzen, Leiden und Schäden verbunden“, ohne dabei einen direkten medizinischen Nutzen für den Menschen zu haben. Die Forschungen seien daher „sinnlos und grausam“.[6][7][8] Stefan Treue, Leiter des Zentrums, betont dagegen, das DPZ bemühe sich, „die Tierversuche so wenig belastend wie möglich zu gestalten.“ Zudem nennt er Erfolge vor allem in der Infektionsforschung und den Neurowissenschaften.[7] Neben dem eigenen Bestand werden Tiere aus Asien und Afrika importiert. Etwa 100 bis 200 Affen sind für Versuche gemeldet.[9][10]

Forschungsstationen

Das DPZ betreibt vier Forschungsstationen, an denen Primaten in ihren natürlichen Lebensräumen erforscht werden:

  • Feldstation Estación Biológica Quebrada Blanco (EBQB) Am Amazonas in Peru, gegründet 1984 vom Proyecto Peruano de Primatología (PPP). Seit 1985 werden ökologische und ethologische Untersuchungen an Neuweltaffen durchgeführt.[11]
  • Feldstation Kirindy im Forêt de Kirindy im Westen von Madagaskar, gegründet 1993. Untersucht wird die Ökologie und das Verhalten von den acht dort lebenden Lemurenarten.[12][13]
  • Feldstation „Centre de Recherche de Primatologie (CRP) Simenti“ im Niokolo Koba Nationalpark im Senegal, gegründet 2007. Untersucht werden eine mehr als 300 Tiere große Gruppe Guineapaviane sowie Grüne Meerkatzen.[14]
  • Die Forschungsstation Phu Khieo Wildlife Sanctuary (PKWS) liegt im nordöstlichen Thailand, wird seit 2015 vom DPZ betrieben. Die Wissenschaftler erforschen dort das Sozialverhalten von Assammakaken.[15]

Einzelnachweise

  1. http://www.dpz.eu/de/ueber-uns/profil.html
  2. http://www.dpz.eu/de/ueber-uns/profil/zahlen-und-fakten.html
  3. 40 Jahre Deutsches Primatenzentrum in Göttingen. In: idw-online.de. Informationsdienst Wissenschaft e. V., 10. August 2017, abgerufen am 20. März 2018.
  4. Deutsches Primatenzentrum: Forschung. Abgerufen am 14. Juni 2022.
  5. Drei neue Affenarten entdeckt. In: Spiegel online. 15. April 2016.
  6. Reimar Paul: Primatenzentrum in Göttingen: Forschung contra Quälerei, Taz, 19. September 2012
  7. a b Thomas Kopietz: Zum Jubiläum: Kritik an Tierversuchen – Primatenzentrum Göttingen dementiert. In: hna.de. 17. August 2017, abgerufen am 16. März 2018.
  8. Kritik an Tierversuchen. In: goettinger-tageblatt.de. 12. September 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. März 2018; abgerufen am 18. März 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.goettinger-tageblatt.de
  9. Wilde Affen aus dem Dschungel für Tierversuche? In: tierversuche-verstehen.de. Tierversuche verstehen, abgerufen am 16. März 2018.
  10. 40 Jahre Deutsches Primatenzentrum Göttingen – für die Tiere kein Grund zum Feiern. In: tierschutzbund.de. Deutscher Tierschutzbund e. V., 15. August 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. März 2018; abgerufen am 16. März 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tierschutzbund.de
  11. Deutsches Primatenzentrum: Forschungsstation Peru. Abgerufen am 7. März 2021.
  12. Deutsche Welle: Lemuren auf Madagaskar | Global 3000. Abgerufen am 7. März 2021 (deutsch).
  13. Deutsches Primatenzentrum: Forschungsstation Kirindy. Abgerufen am 7. März 2021.
  14. Deutsches Primatenzentrum: Forschungsstation Centre de Recherche de Primatologie Simenti. Abgerufen am 7. März 2021.
  15. Deutsches Primatenzentrum: Forschungsstation Phu Khieo Wildlife Sanctuary. Abgerufen am 7. März 2021.