Der Verbund wurde 1978 vom Bundesarchiv-Filmarchiv (damals Koblenz, heute Berlin), dem Deutschen Institut für Filmkunde (DIF) (Wiesbaden, heute: DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum) und der Deutschen Kinemathek (Berlin, heute: Filmmuseum Berlin – Deutsche Kinemathek) gegründet. Den Rahmen der Zusammenarbeit regelt ein am 1. Dezember 1978 abgeschlossenes „Verwaltungsabkommen über den Aufbau und die Unterhaltung eines Kinematheksverbundes“.[1]
Mit dem Verwaltungsabkommen wurde dem Filmarchiv des Bundesarchivs die Aufgabe eines zentralen deutschen Filmarchivs zugewiesen: die
möglichst vollständige Sammlung und Sicherung der deutschen Filmproduktion von den Anfängen bis zur Gegenwart, Restaurierung alter
Kopien, Herstellung neuer Ausgangsmaterialien. Die Einrichtungen in Berlin und Wiesbaden sollten die Aufarbeitung und Vermittlung des deutschen Films übernehmen: den nichtgewerblichen Verleih historisch bedeutender deutscher Filme, die Veranstaltung von Retrospektiven und Ausstellungen, die Veröffentlichung filmhistorischer Untersuchungen, die Sammlung von Sekundärmaterialien zur Filmgeschichte sowie die Archivierung ausländischer Filme und Spezialbestände. Alle drei Institutionen erfüllen kulturpolitische Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung und sind der Bundesbeauftragten für Angelegenheiten der Kultur und Medien zugeordnet oder werden von ihr unterstützt.[2]
Aufgrund der Kulturhoheit der Bundesländer gibt es in Deutschland – anders als etwa in der früheren DDR – kein nationales Filmarchiv, in dem Kopien jedes im Lande produzierten Films aufbewahrt werden. Kopien bzw. Negative alter deutscher Filme lagern heute in einer ganzen Reihe von Archiven, Kinematheken, Stiftungen und Museen, die über die ganze Bundesrepublik verstreut sind und meist nur lose zusammenarbeiten. Ankauf und Lagerung erfolgen nach dem Zufallsprinzip, und Kinobetreiber und Forscher haben häufig beträchtliche Schwierigkeiten, den Standort eines bestimmten Films ausfindig zu machen. Bisher existiert kein gemeinsamer Katalog der deutschen Filmarchive.
Der Kinematheksverbund bemüht sich um eine Koordination der Arbeit der verschiedenen Einrichtungen. Dazu dienen neben den Sitzungen des Koordinierungsrats auch Arbeitsgruppen, die sich verschiedenen Aspekten der Arbeit der Mitglieder widmen und dem Erfahrungsaustausch dienen.
So erstellten die Arbeitsgruppen Deutsche Filmografie und Ausstellungen und filmbezogene Sammlungen unter Leitung von Claudia Dillmann vom Deutschen Filminstitut eine Filmografie aller Spielfilme. die in Deutschland von 1895 bis 1998 hergestellt wurden. Eine weitere Datenbank präsentiert die Top 100 der Deutschen Filme. Beteiligt waren das Filmarchiv des Bundesarchivs, CineGraph das Deutsche Filmmuseum, das Deutsche Filminstitut, die Gesellschaft für Filmstudien und der Stummfilmexperte Herbert Birett. Die beiden Datenbanken wurden im Jahr 2000 vom Kinematheksverbund als Herausgeber auf CD-ROM veröffentlicht.[6]
Kinopreis des Kinematheksverbundes
Da einige wichtige Filmarchive wie z. B. das Bundesarchiv-Filmarchiv für die Vorführung ihrer Bestände kein eigenes Kino besitzen, arbeitet der Kinematheksverbund auch an einem Ausbau der Beziehungen zwischen Archiven und Programmkinos. Seit 2000 fördert er kommunale und nicht-gewerbliche Filmveranstalter, die sich um die Vorführung klassischer Filme besonders verdient machen, mit einem Kinopreis.[7] Der Preis wird jährlich an kommunale Kinos und filmkulturelle Initiativen „für herausragende Programme und kontinuierliches Engagement für eine anspruchsvolle und vielfältige Kinokultur in Deutschland“ verliehen. Über die Vergabe entscheidet eine Jury aus fünf Fachleuten, die über einschlägige Erfahrungen im Bereich der kulturellen Filmarbeit verfügen.[8]
Nachdem der Kinopreis mangels einer nachhaltigen Finanzierung zunächst zur Disposition stand, konnte die Deutsche Kinemathek entgegen ihrer Mitteilung vom März den Preis auch 2015 vergeben.[9][10] 2016 wurde der Preis aus dem Haushalt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziert und erstmals ein Spitzenpreis verliehen.[11][12]
Lotte-Eisner-Preis
In Anlehnung an die 1933 emigrierte Filmkritikerin und -historikerin Lotte Eisner trägt der neue Spitzenpreis den Namen Lotte-Eisner-Preis. Die Auszeichnung wird für „herausragende Programmarbeit ausgelobt, die Maßstäbe setzt und eine begeisterte und kritische Auseinandersetzung mit der Filmgeschichte und ihren Präsentationsformen ermöglicht“.[13]
Kinematheksverbund: Die 100 wichtigsten deutschen Filme
Anlässlich des 100. Geburtstags des Kinos machte der Kinematheksbund im Jahr 1995 eine Umfrage nach den 100 wichtigsten deutschen Filmen, bei der über 300 Filmexperten abstimmten. Dabei konnten Filme aus BRD und der DDR gewählt werden, wobei allerdings die Weimarer Republik mit 37 Filmen besonders stark in der Liste vertreten ist. Fritz Lang, Georg Wilhelm Pabst und Rainer Werner Fassbinder sind mit je sechs Filmen die am häufigsten vertretenen Regisseure.[20][21] Es ist die bisher umfangreichste Umfrage dieser Art zu deutschen Filmen.
↑Joseph Garncarz: Kinematheksverbund (Hg.): Die deutschen Filme: Deutsche Filmografie 1895–1998 und Die Top 100. In: MEDIENwissenschaft 1/2001, S. 76–79; online