Nach langer Zeit ohne evangelische Gottesdienste in Fulda war es erst Anfang des 19. Jahrhunderts wieder möglich, evangelische Gottesdienste zu feiern. Die Stadt Fulda fiel 1802 an den Erbprinzen Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau, der am 3. April 1803 den ersten evangelischen Gottesdienst im Oratorium Marianum der ehemaligen Universität Fulda ermöglichte. Dieser Raum diente der evangelischen Gemeinde bis zur Einweihung der Christuskirche im Jahr 1896 als Gottesdienststätte.
Mit dem Wachstum der evangelischen Gemeinde reichten die Räumlichkeiten des Oratoriums nicht mehr aus. 1883 beschloss der Kirchenvorstand daher den Bau einer neuen Kirche. Am 24. Juli 1894 wurde der Grundstein der neugotischen Christuskirche gelegt, und am 1. Juli 1896 fand der erste Gottesdienst dort statt.[1]
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Christuskirche schwer beschädigt, insbesondere der Altarraum wurde bei einem Bombenangriff am 11. September 1944 zerstört. Nach Kriegsende begann der Wiederaufbau, und am 25. September 1949 wurde die Kirche erneut eingeweiht.[2]
2002 wurden die Außenanlagen der Kirche durch den Kasseler Landschaftsarchitekten Tobias Mann neu gestaltet, wodurch die Kirche stärker in das Stadtbild eingebunden wurde. Im Jahre 2004 wurde der Innenraum der Christuskirche unter der Leitung des Architekten Werner Kramer aus Hünfeld grundlegend saniert. Dabei wurden der ursprüngliche Langhauscharakter wiederhergestellt und die Flachdecke des Chorraums in „himmlischem“ Blau ausgemalt.[3]
Architektur
Die Gebäudeachse erstreckt sich von Südwesten (mit eingezogenem Westturm) nach Nordosten.
Der Kirchenraum besteht aus einem nur ein Joch langem dreischiffigen Langhaus, hinsichtlich der Höhenverhältnisse einem Zwischending von Hallenkirche und Abseitenkirche, Vierung und Querhaus, sowie einer polygonalen Chorapsis.
Ausstattung
Die Sanierung im Jahr 2004 brachte auch eine umfassende Neugestaltung der Innenausstattung mit sich. Die Orgelempore wurde zurückgebaut, um den Blick auf das Langhaus zu öffnen, und das Kirchengestühl wurde als zentraler Block im Langhaus angeordnet. Ein Mittelgang führt nun vom Eingang der Kirche über den Taufstein bis zum Altar. Im Kirchenraum stehen schwarze Stühle, welche zu Reihen verbunden sind. Im Altarraum befinden sich neben dem Altar zwei Pulte, von denen das breitere als Kanzel und das schmalere als Ambo dient. Künstlerische Akzente hierbei setzte der Künstler Helmuth Uhrig.[2][1]
Orgel
Die erste Orgel wurde im Jahr 1897 durch Wilhelm Ratzmann aus Gelnhausen erbaut und besaß 22 Register. Diese Orgel war mit spätromantischen, zeittypischen Registern ausgestattet. Genauso waren die pneumatischen Kegelladen sowie der neugotische Prospekt der Zeit entsprechend. 1949 wurde das Werk durch Alfred Ott umgebaut und erweitert. Selbiger baute im Jahr 1953 ein Rückpositiv nach einem Entwurf von Walter Supper ein. Die Orgel, welche nun 30 Register besaß, erhielt ein Freipfeifenprospekt.
Das Orgelgehäuse wurde ebenfalls von Walter Supper entworfen. 1997 erfolgte eine Erneuerung des Spieltischs durch den Mitteldeutschen Orgelbau A. Voigt in Bad Liebenwerda. Im Zuge der Renovierungsarbeiten im Jahr 2004 wurden die Orgelempore neu gestaltet und das Rückpositiv versetzt sowie neu intoniert.[5]
I Rückpositiv C–g3
Rohrflöte
08′
Quintade
08′
Praestant
04′
Nachthorn
04′
Oktave
02′
Terz
13⁄5′
Quinte
11⁄3′
Septime
11⁄7′
Sifflöte
1′
Scharff VI
0
Dulcian
016′
Krummhorn
08′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
Pommer
16′
Prinzipal
08′
Gedackt
08′
Oktave
04′
Rohrflöte
04′
Quinte
22⁄3′
Waldflöte
02′
None
8⁄9′
Sesquialtera II
Mixtur VI
Trompete
08′
Trompete
04′
III Schwellwerk C–g3
Holzprinzipal
08′
Gemshorn
08′
Prinzipal
04′
Gedacktflöte
04′
Schwiegel
02′
Rauschwerk III
Obertöne III
Zimbel III
Fagott
16′
Rohrschalmey
8′
Tremulant
Pedalwerk C–f1
Prinzipal
16′
Subbaß
16′
Quintbaß
102⁄3′
Oktavbaß
08′
Holzgedackt
08′
Rohrpommer
04′
Pedalsesquialter III
Rauschwerk V
0
Trompete
16′
Englisch Horn
08′
Glocken
Die Geschichte des Glockengeläuts der Christuskirche ist von den Ereignissen der beiden Weltkriege geprägt. 1895 wurde ein vierstimmiges Geläut gegossen, das am Vorabend der Kirchweihe 1896 erstmals erklang. Die Glocken waren auf die Töne h°, e‘, fis‘ und gis‘ gestimmt, ein Motiv, das im Choral „Bis hierher hat mich Gott gebracht“ (Nr. 329) wiederzufinden ist und auch als „Westminister-Motiv“ bekannt ist.
Im Ersten Weltkrieg musste die kleinste der Glocken 1917 abgeliefert werden, deren Verbleib unbekannt blieb. Eine neue Glocke wurde 1927 zu Ostern in Dienst gestellt. Im Zweiten Weltkrieg wurden erneut Glocken für Kriegszwecke abgegeben, sodass nach Kriegsende nur die 1927 gegossene Glocke verblieb. Diese wurde nach der Zerstörung der Christuskirche in die Lutherkirche verbracht. Bis zur Fertigstellung eines neuen Geläuts stellte die Firma Rincker eine Leihglocke zur Verfügung.
1954 wurden die ersten drei Glocken des neuen fünfstimmigen Geläuts geliefert, und am 10. Mai 1965 wurde das Geläut vervollständigt.[6]
Die Kirchengemeinde der Christuskirche ist eine wachsende Gemeinde mitten in Fulda. Aufgrund der positiven Außenwirkung der Gemeinde gehören auch viele Menschen außerhalb des Gemeindebezirks zur Christuskirche. Die Christuskirchengemeinde in Fulda gehört zum Kooperationsraum Fulda Mitte „gemeinsam evangelisch“.[7]
↑Gottfried Rehm: Die Orgeln der Stadt Fulda. In: Uwe Pape (Hrsg.): Norddeutsche Orgeln. 1. Auflage. Band6. Pape Verlag, Berlin 1970, ISBN 978-3-921140-10-9, S.149 - 154.