Karl Ludwig (Charlot) kam als erstes von sechs Kindern des Anatomieprofessors Hans Strasser und der Marie geborene Freymond (1861–1922) zur Welt. 1887 wurde sein Vater als Direktor des Anatomischen Institutes nach Bern berufen. Seine Jugendjahre verbrachte Strasser in der Nähe des Instituts.[1]
Von 1906 bis 1907 reiste er durch Russland, China und Japan, wovon seine «Gedichte von einer Weltreise» und die «Reisenovellen aus Russland und Japan» berichten. Nach
Abschluss des Studiums bereiste er Anfang 1910 als Schiffsarzt der Hamburger Kosmos-LinieMittel- und Südamerika und schilderte seine Erlebnisse in der Novellensammlung «Das Pestschiff».
Strasser praktizierte ab 1913 bis zu seinem Tode als niedergelassener Psychiater in Zürich. Er war der erste Arzt, der Friedrich Glauser betreute. Hugo Ball hatte Glauser an Strasser vermittelt, der damals mit der literarischen Szene Zeit enge Beziehungen pflegte. Von 1935 bis 1944 war er ärztlicher Leiter des Männerheims zur Weid in Rossau (Gemeinde Mettmenstetten).
Zusammen mit Alfred Adler und Carl Furtmüller publizierte Strasser ab 1914 die «Zeitschrift für Individualpsychologie». Mit seiner Ehefrau Vera Strasser-Eppelbaum verfasste er Arbeiten, die sich kritisch mit der Psychoanalyse beschäftigten. Wegen des Ersten Weltkriegs mussten die Nummern 6 bis 9 der Zeitschrift im Juli 1916 in Zürich erscheinen.
Strasser hatte Vera Eppelbaum 1913 geheiratet. Sie stammte aus Kowel, war jüdischer Herkunft, Sozialistin wie ihr Mann, hatte in Bern und Zürich Medizin studiert und war bei Bleuler promoviert worden.[2]
Sein literarisches Werk umfasste expressionistische Novellen, welche die Zürcher Dada-Szene beeinflussten.[3]
Werke (Auswahl)
Ein Sehen (1904)
Gedichte von einer Weltreise und andere Lieder Zürich, Rascher, ca. 1909
Reisenovellen aus Rußland und Japan (1911)
Das Kumulativverbrechen. Ein Beitrag zur Psychologie der Kollektivverbrechen. Dissertation aus dem Gerichtlichmedizinischen Institut der Universität Zürich (Med. Diss. 1912). Publiziert in: Archiv für Kriminalanthropologie und Kriminalistik, 1913.
In Völker zerrissen Zürich, Rascher, 1916
Das Pestschiff (1918)
Wer hilft? Zwei soziale Novellen, Frauenfeld/Leipzig (1918)
Geschmeiss um die Blendlaterne (1933)
Die braune Pest (1933)
Kurpfuscher und Gaukler beuten dich aus. Genossenschaftsbuchhandlung, Zürich 1935[4]
Literatur
Florian Gelzer: Charlot Strassers Schlüsselroman „Geschmeiß um die «Blendlaterne»“ (1933). Ein Psychiater behandelt die Zürcher Emigrantenszene. In: literatur für leser 3 (2005), S. 197–215.
Daniel Heinrich: Dr. med. Charlot Strasser (1884-1950): ein Schweizer Psychiater als Schriftsteller, Kultur und Sozialpolitiker. Zeitschrift Gesnerus: Swiss Journal of the history of medicine and sciences. Band 45, 1988 Heft 3–4 1988[5]
Daniel Heinrich: Dr. med. Charlot Strasser (1884-1950). Ein Schweizer Psychiater als Schriftsteller, Sozial- und Kulturpolitiker. Dissertation, Zürich 1986, 183 Seiten.
↑Daniel Heinrich: Dr. med. Charlot Strasser (1884-1950): ein Schweizer Psychiater als Schriftsteller, Kultur und Sozialpolitiker.
↑Die Einleitung aus diesem Buch mit dem Titel »Wirtschaftliche Not schafft Aberglauben« wurde abgedruckt im Internationalen ärztlichen Bulletin, Prag, 2. Jg. (1935) Heft 1 (Januar), S. 5–8 Digitalisat