Als Beutepanzer bezeichnet werden Panzerfahrzeuge, meist Kampfpanzer, die vom Kriegsgegnererbeutet und von der eigenen Panzertruppe eingesetzt oder untersucht wurden. Erbeutete Panzerfahrzeuge geben vor allem wichtige Einblicke in die Waffentechnologie des Gegners, welche für die Entwicklung eigener Panzertypen genutzt werden.
Erbeutete Panzer, die in den eigenen Streitkräften eingesetzt wurden, wurden meist mit dem eigenen Hoheitszeichen versehen, damit sie nicht von den eigenen oder verbündeten Streitkräften durch Eigenbeschuss angegriffen wurden, da diese aufgrund des Modells für einen Feindpanzer gehalten werden konnten. Für deren Benutzung wurden, sofern sie in größeren Stückzahlen erbeutet wurden, Benutzerhandbücher für die Panzerbesatzungen erarbeitet, um die Bedienung zu erleichtern. Beutepanzer werden, sofern sie militärischen Nutzen bringen und der Nachschub von Munition, Treibstoff und Ersatzteilen sowie die Instandsetzung sichergestellt ist, als regulärer Teil der Panzertruppe genutzt. Werden diese über eine längere Zeit eingesetzt, wird durch Austausch einiger Bauteile wie z. B. Bewaffnung versucht, sie den eigenen Panzern anzugleichen, um den Nachschub und Instandsetzung zu vereinfachen.
Im Ersten Weltkrieg fielen den deutschen Streitkräften so viele britische Tanks (meist Mark IV) in die Hände, dass diese die Anzahl der selbst produzierten Panzer bei weitem überschritten. Es wurden Sammellager und Reparaturwerkstätten eingerichtet und Panzerschwadronen mit den Beutepanzern aufgestellt. Die Tanks wurde mit dem Eisernen Kreuz als Hoheitszeichen versehen und erhielten zum Teil einen neuen Tarnanstrich. Bis Ende September 1918 waren insgesamt 170 gegnerische Panzer in verwendungsfähigem Zustand erbeutet worden. Zu diesem Zeitpunkt wurden 35 davon einsatzbereit gemeldet.[1] Dagegen wurden im Vergleich dazu vom eigenen Modell A7V insgesamt nur 20 Stück gebaut.
Zweiter Weltkrieg
Vor allem für die Wehrmacht spielten Beutefahrzeuge eine nicht zu unterschätzende Rolle. Bereits nach dem Anschluss Österreichs (März 1938) und der sogenannten Zerschlagung der Rest-Tschechei (März 1939) wurden dortige Bestände an gepanzerten Fahrzeugen in die Wehrmacht übernommen. Im Oktober 1940 befahl das Heeresamt, von jedem erbeuteten Panzertyp, Kraftfahrzeugtyp usw. zwei Exemplare zu Auswertungszwecken an die Kraftfahrversuchsstelle des Heereswaffenamtes abzuliefern.
Im aktiven Truppendienst wurden Beutepanzer vereinzelt oder in kleinen Gruppen (zum Beispiel in Beute-Panzerkampfwagen-Zügen) an allen Fronten eingesetzt.
Eine Ausnahme war das Afrikakorps: Da die Panzerarmee Afrika ständig unter Nachschubmangel litt, bestand ihr Kraftfahrzeugbestand zeitweise bis zu 85 Prozent aus Beutefahrzeugen.
Teilweise wurden Panzer in großen Stückzahlen erbeutet. So wurden im Westfeldzug 691 britische Kampfpanzer erbeutet, von denen wohl etwa 350 für die Wehrmacht wiederverwendbar gewesen sein könnten. Ein ausreichender Nachschub an Munition war für die meisten Fahrzeuge jedoch nicht gewährleistet. Um diese weiter nutzen zu können, wurden Fahrgestelle von Beutepanzern auch zu Munitionstransportern und Beobachtungspanzern umfunktioniert. Andere erhielten Aufbauten mit Waffen aus eigener Herstellung und wurden so zu Selbstfahrlafetten oder Jagdpanzern.
Zu stark beschädigte Fahrzeuge wurden zur Ersatzteilgewinnung verwendet („ausgeschlachtet“).
Panzerkampfwagen 38H/39H 735(f) = Hotchkiss H-38 / Hotchkiss H-39 bzw. als Panzerjäger mit anstelle des Turms montierter Panzerabwehrkanone, in Frankreich erbeutet, eingesetzt im Krieg gegen die Sowjetunion und im Afrikafeldzug
Panzerkampfwagen M13/40 735(i) = Carro Armato M13/40, eingesetzt von den SS-Sturmgeschütz-Abteilungen und der „Panzerabteilung Adria“ als Sd.Kfz. 735(i) zur Partisanenbekämpfung
Sturmgeschütz M42 75/34 851(i) = Semovente da 75/34
gepanzerte Selbstfahrlafette M41 90/53 851(i) = Semovente da 90/50, nach der italienischen Kapitulation übernommen und als Langstreckenartillerie eingesetzt
Sturmgeschütz M42 75/46 852(i) = Semovente da 75/46
italienische M11/39 und M13/40-Kampfpanzer, vom australischen 6. Cavalry Regiment Dingo, Wombat bzw. Rabbit genannt, welche mit weißen Kängurus an Wanne und Turm gekennzeichnet waren
Beispiele für Beutepanzer nach dem Zweiten Weltkrieg
Fred Koch: Beutepanzer im Ersten Weltkrieg – Britische, französische und russische Kampf- und Panzerwagen im deutschen Heer. Podzun-Pallas Verlag, 1994, ISBN 3-7909-0520-8.
Thematik Zweiter Weltkrieg:
Alexander Lüdeke: Beutepanzer der Wehrmacht. Typenkompass. Motorbuch-Verlag, 2011:
Beutepanzer der Wehrmacht 1938–1945: Österreich, Tschechoslowakei, Polen, Niederlande, Belgien und Frankreich.ISBN 978-3-613-03291-0.
Beutepanzer der Wehrmacht: Großbritannien, Sowjetunion und USA 1939–1945: Großbritannien, Sowjetunion und USA 1939–1945.ISBN 978-3-613-03359-7.
Werner Regenberg, Horst Scheibert: Beutepanzer unterm Balkenkreuz. Podzun-Pallas Verlag, 1990, ISBN 3-7909-0392-2. (auch: Dörfler-Verlag, 2003, 3-89555-105-8)
Walter J. Spielberger: Beute-Kraftfahrzeuge und -Panzer der deutschen Wehrmacht. In: Militärfahrzeuge. 2. Auflage. Band12. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-613-01255-3.
Werner Regenberg: Beutepanzer unterm Balkenkreuz / Amerikanische und englische Kampfpanzer. Waffen-Arsenal Band 137. Podzun-Pallas-Verlag, 1992, ISBN 3-7909-0448-1.