Der Kodex misst 24,3 auf 18,3 cm und umfasst 124 Blatt Pergament, die mit je 24 langen Zeilen beschrieben sind (nur fol. 1r–2v sind in zwei Spalten geschrieben). Die Handschrift ist abgesehen von der Rubrizierung von Zahlen, Überschriften und Initialen (darunter einige wenige sehr große) weitgehend schmucklos.
Die Schrift der Haupthand ist eine Romanesca, was auf eine Entstehung in Rom oder Umgebung hinweist. Der Hauptteil mit den Institutiones wurden von zwei Schreibern geschrieben (fol. 1v-40v bzw. 41r-124r), die drei Ergänzungen jeweils von anderen Schreibern. Für das Kapitular auf fol. 124r wurde sowohl eine italienische als auch eine Mainzer Schrift vermutet.[2]
Die Datierung von Msc.Jur.1 ist umstritten. Im 19. Jahrhundert wurde sie mehrfach in das 9. oder (frühe) 10. Jahrhundert datiert. Schon Elias Avery Lowe hatte allerdings eine Datierung in das späte 10. oder frühe 11. Jahrhundert vertreten.[3] Bischoff datierte die Schrift eher nach als vor 1002.[4]Hartmut Hoffmann argumentierte für eine Entstehung im zweiten Drittel des 10. Jahrhunderts.[5][6] Charles Radding, Antonio Ciaralli, Francesca Macino und zuletzt Wolfgang Kaiser gehen von einer Entstehung erst nach dem Jahr 1000 aus.[7][8][9] Kaiser unterscheidet dabei vier Hände, die er teils dem Anfang des 11. Jahrhunderts, teils der ersten Jahrhunderthälfte zuweist.[9]
Der Einband stammt von 1611.
Inhalt und Bedeutung
Der Kodex enthält (fol. 1v–124r) die Institutiones, deren Text teilweise durch kurze Interlinear- und Marginalglossen erläutert wird.[10] Außerdem ist von jeweils anderen Schreibern fol. 1r eine Liste der Pfalzrichter eingetragen,[11] fol. 124r ein Kapitular Ottos I. von 971 und auf fol. 124v ein kurzer Auszug aus der Historia Langobardorum des Paulus Diaconus eingetragen.[12]
Die Handschrift spielt für die Textgeschichte des Corpus iuris civilis eine große Rolle, weil es sich um die älteste vollständige Abschrift der Institutiones handelt.[13][9] Msc.Jur.1 (damalige Signatur: D.II.3) war einer der wichtigsten Textzeugen für die Edition von Paul Krüger und eine von nur drei Handschriften, die er schon für seine erste Ausgabe von 1867 im Original benutzt hatte.[14] Krüger ging davon aus, dass der Kodex aus dem 9. oder 10. Jahrhundert stammte, also deutlich älter sei, als die moderne Forschung es annimmt. Die Glossen sind unter anderem deshalb für die rechtshistorische Forschung interessant, weil sie Zitate aus den Digesten enthalten.[15]
Hartmut Hoffmann: Bamberger Handschriften des 10. und des 11. Jahrhunderts (= MGH. Schriften Band 39). Hahn, Stuttgart 1995, S. 139–141. Digitalisat
Wolfgang Kaiser: Studien zu den Institutiones Iustiniani, Teil I. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, romanistische Abteilung. Band 133, 2016, S. 1–134, v. a. S. 14–16. doi:10.26498/zrgra-2016-0104
Katalog der Handschriften der Königlichen Bibliothek zu Bamberg. 1. Band, 2. Abtheilung, [5. Lieferung]: Juristische Handschriften. Bearbeitet von Friedrich Leitschuh, Buchner, Bamberg 1906, hier S. 511–512. Digitalisat.
Francesca Macino: Sulle tracce delle Istituzioni di Giustiniano nell'alto medioevo: i manoscritti dal VI al XII secolo (= Studi e testi Band 446) Biblioteca Apostolica Vaticana, Città del Vaticano 2008, ISBN 978-88-210-0837-5, v. a. S. 45–47 und 64–66.
Forschungsdokumentation (= Bibliographie der einschlägigen Fachliteratur, mit seitengenauen Angaben, wo es jeweils um Msc.Jur.1 geht.)
Einzelnachweise
↑Bernhard Bischoff: Italienische Handschriften des neunten bis elften Jahrhunderts in frühmittelalterlichen Bibliotheken außerhalb Italiens. In: Cesare Questa, Renato Raffaelli (Hrsg.): Il libro e il testo. Atti del convegno internazionale. Urbino 1984, S. 169–194, hier 176.
↑Francesca Macino: Sulle tracce delle Istituzioni di Giustiniano nell'alto medioevo: i manoscritti dal VI al XII secolo (= Studi e testi Band 446) Biblioteca Apostolica Vaticana, Città del Vaticano 2008, hier S. 66.
↑E. A. Loew: The Beneventan Script: A History of the South Italian Minuscule. Clarendon, Oxford 1914, S. 265. Digitalisat.
↑Bernhard Bischoff: Italienische Handschriften des neunten bis elften Jahrhunderts in frühmittelalterlichen Bibliotheken außerhalb Italiens. In: Cesare Questa, Renato Raffaelli (Hrsg.): Il libro e il testo. Atti del convegno internazionale. Urbino 1984, S. 169–194, hier 176.
↑Hartmut Hoffmann: Bamberger Handschriften des 10. und des 11. Jahrhunderts (= MGH. Schriften Band 39). Hahn, Stuttgart 1995, S. 17–19 und 139–140.
↑So auch Gude Suckale-Redlefsen in Kaiser Heinrich II. 1002–1024. Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2002, Bamberg, 9. Juli bis 20. Oktober 2002. Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg 2002, ISBN 3-927233-82-X, S. 52–77, hier Nr. 155. Digitalisat
↑Charles M. Radding, Antonio Ciaralli: The Corpus Iuris Civilis in the Middle Ages: Manuscripts and Transmission from the Sixth Century to the Juristic Revival. Brill, Leiden 2007, hier S. 9.
↑Francesca Macino: Sulle tracce delle Istituzioni di Giustiniano nell'alto medioevo: i manoscritti dal VI al XII secolo (= Studi e testi Band 446) Biblioteca Apostolica Vaticana, Città del Vaticano 2008, hier S. 64.
↑ abcWolfgang Kaiser: Studien zu den Institutiones Iustiniani, Teil I. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, romanistische Abteilung. Band 133, 2016, S. 1–134, hier S. 15–16
↑Max Conrat: Geschichte der Quellen und Literatur des römischen Rechts im frühen Mittelalter. Hinrichs, Leipzig 1891, hier S. 70–71 118–119 und 163–165. Digitalisat.
↑Transkribiert bei Hartmut Hoffmann: Bamberger Handschriften des 10. und des 11. Jahrhunderts (= MGH. Schriften Band 39). Hahn, Stuttgart 1995, S. 140–141.
↑Francesca Macino: Sulle tracce delle Istituzioni di Giustiniano nell'alto medioevo: i manoscritti dal VI al XII secolo (= Studi e testi Band 446) Biblioteca Apostolica Vaticana, Città del Vaticano 2008, hier S. 64–66.
↑Charles M. Radding, Antonio Ciaralli: The Corpus Iuris Civilis in the Middle Ages: Manuscripts and Transmission from the Sixth Century to the Juristic Revival. Brill, Leiden 2007, hier S. 6.
↑Institutiones Iustiniani, hrsg. von Paul Krüger. Weidmann, Berlin 1867.
↑Max Conrat: Geschichte der Quellen und Literatur des römischen Rechts im frühen Mittelalter. Hinrichs, Leipzig 1891, hier S. 70–71. Digitalisat.
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