Bahnpost

Bahnpostbeamte bei der Sortierung in einem Bahnpostwagen, Gemälde von 1909

Die Bahnpost beförderte regelmäßig und fahrplanmäßig Postsendungen aller Art mit der Eisenbahn in Bahnpostwagen und Postabteilen. Die Briefsendungen wurden dort während der Fahrt sortiert. Es handelte sich um örtlich nicht gebundene Dienststellen der Post, die die Aufgaben eines Postamtes ausführten. Die Bahnpost war lange Zeit die schnellstmögliche Art und damit die wichtigste Form, Postsendungen überörtlich zu befördern. Fast alle Postverwaltungen der Erde betrieben Bahnpostdienste.[1][2]

Geschichte

Bahnpostwagen der Deutschen Bundespost in Rottweil

Das Geburtsland der Bahnpost ist England. Frederik Karstadt, der Sohn eines englischen Postinspektors, schlug 1837 dem General Post Office vor, die Briefpost in den Eisenbahnzügen während der Fahrt bearbeiten zu lassen; dadurch ließe sich ein großer Zeitgewinn erreichen. Das General Post Office ging auf die Anregung ein und ließ bereits am 6. Januar 1838 die erste, recht dürftig ausgestattete, Bahnpost in einem vorher zur Pferdebeförderung vorgesehenen, etwas umgebauten, Wagen zwischen London und Birmingham verkehren. Da der Versuch den Erwartungen entsprach, wurde am 17. Dezember 1838 der Bahnpostdienst auf der am gleichen Tage dem Verkehr übergebenen Strecke London–Birmingham dauerhaft eingerichtet. Die unmittelbare Folge dieser Maßregel war der Wegfall von 800 bis 900 Briefkartenschlüssen (Briefbeuteln), da jedes der an der Bahn gelegenen Postämter jetzt statt der 14 bis 15 Briefbeutel, die es früher mit der Postkutsche zu versenden hatte, nur noch einen Beutel auf die Bahnpost abfertigte. Die ersten englischen Bahnpostwagen waren schon mit einer Vorrichtung zum Abwerfen und Auffangen von Briefbeuteln versehen (siehe: Postfanghaken).

Auf England folgte Belgien, das 1841 den Bahnpostdienst eröffnete, dann Frankreich, wo die erste Bahnpost am 16. Juli 1846 auf der Strecke ParisRouen verkehrten. In Deutschland war Baden das Land, das mit der Errichtung einer Bahnpost 1848 voranging, ein Jahr später folgte Preußen und 1851 das Königreich Sachsen. Die ersten deutschen Bahnpostämter waren Berlin, Breslau, Eisenach, Magdeburg und Köln. Österreich folgte 1850, Ungarn 1856, Schweden 1863. Die Vereinigten Staaten von Amerika begannen 1864 auf der Strecke WashingtonNew York, nachdem schon 1862 Versuche auf der Strecke Quiney – St. Joseph (Missouri) vorhergegangen waren, sowie Argentinien 1916 (auf der Strecke Buenos AiresMendoza).

Weitere Bahnen zur Postbeförderung

Postraub

Die in den Bahnpostwagen beförderten Wertsendungen waren immer eine lohnende Beute. Sehr häufig überfielen u. a. in den USA Banditen Bahnpostwagen. (Diese Überfälle waren stets für Hollywood in Western seit dem 1903 gedrehten Stummfilm Der große Eisenbahnraub ein beliebtes Thema.) Deshalb wurden in USA sehr solide Bahnpostwagen mit Stahlaufbauten in Dienst gestellt.

Der spektakulärste Postzugraub in Europa ereignete sich in England. 1963 überfiel eine Bande der Londoner Unterwelt unter Leitung von Bruce Reynolds einen Postzug der Royal Mail. Die Räuber erbeuteten 2,63 Millionen englische Pfund in alten Scheinen. Der Überfall wurde für das deutsche Fernsehen unter dem Titel Die Gentlemen bitten zur Kasse mit Horst Tappert verfilmt. Ein besonders brutaler Postraub fand am 19. August 1926 zwischen Oebisfelde und Hannover statt; dazu wurden die Schienen herausgesägt und der gesamte Zug entgleiste in voller Fahrt.

Siehe auch

Film zur Bahnpostbearbeitung in den Vereinigten Staaten (auf Englisch)

Literatur

  • Joachim Deppmeyer, Klaus Kirsch, Peter Wagner: Kleine Typenkunde deutscher Bahnpostwagen. Transpress Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-71215-6.
  • Bahnpost-Wagen-Archiv. Bundesarbeitsgemeinschaft Bahnpost e.V. (Reihe von bisher 25 Ausgaben).
  • Archiv für deutsche Postgeschichte
    • G. Hambach: Bahnposten. Ausgabe 2/1974, S. 64 f.
    • Harry Miosga: 130 Jahre Bahnpost in Deutschland. Ausgabe 1/1980, Frankfurt, ISSN 0003-8989.
  • Peter Schmelzle: Die Post auf der Schiene. 150 Jahre Bahnpost in Deutschland. Jubiläums-Edition der Deutschen Post AG, Bonn 2006.
  • Handwörterbuch des Postwesens, Hrsg. Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen,
    • 2. völlig umgearbeitete Auflage, Frankfurt am Main 1953.
    • 3. völlig neu bearbeitete Auflage, Band 1, Berlin 1971.
  • Jürgen Jänecke:
    • Die Postbeförderung auf der Schiene vom 27. Mai 1990 bis zum 27. Mai 1995 zwischen dem Verkehrsgebiet West (VGW) und dem Verkehrsgebiet Ost (VGO) und die Bahnposten innerhalb des VGO.
    • Die Bahnpoststempel der Dienststellen der Deutschen Post auf dem Gebiet der DDR von 1945 bis 1995.
    • Die letzte Bahnpost von Berlin nach Ostpreußen im Jahre 1945.
  • Franz Vierling (Hrsg.): Bahnpostwagen, Rangierlokomotiven, Eisenbahnanlagen für den Postverkehr. Der Dienst bei der Deutschen Bundespost, Leitfaden für die Ausbildung; 9. Band, 1. Teil – 3 – Herausgegeben mit Unterstützung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, Hamburg und Berlin 1966.
Commons: Bahnpost – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Bahnpost – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Handwörterbuch des Postwesens. 2. Auflage, S. 74.
  2. Handwörterbuch des Postwesens. 1. Nachtrag zur 2. Auflage, S. 17.

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