Alfred Matusche wurde am 8. Oktober 1909 in Leipzig als Sohn eines Arbeiters geboren; der Vater starb im Ersten Weltkrieg, die Witwe brachte die Familie mit Heimarbeit für eine Kleiderfabrik durch. 1923 begann Matusche eine Lehre als Schlosser; es folgten Arbeitslosigkeit und der Beginn eines Techniker-Studiums, das er abbrach, um sich ganz seinen literarischen Neigungen zu widmen.
Von 1925 bis 1933 veröffentlichte Matusche in Zeitungen Gedichte und kurze Prosatexte; er arbeitete für den Mitteldeutschen Rundfunk, wo ihn Eugen Kurt Fischer, der Leiter der literarischen Abteilung, förderte. Matusche suchte Anschluss an linke literarische Kreise. Für längere Zeit begab er sich auf der Wanderschaft und besuchte u. a. Hermann Hesse und Johannes Schlaf.
1933 durchsuchte die Gestapo seine Wohnung und verhörte ihn. Nahezu all seine Manuskripte wurden vernichtet, zum Teil durch Matusche selbst. Zwischen 1933 und 1945 lebte er in Portitz bei Leipzig und später in Schlesien. Obwohl kurzzeitig eingezogen, konnte er sich einem Fronteinsatz im Zweiten Weltkrieg entziehen. Trotz seiner antifaschistischen Grundhaltung wurde eine aktive Widerstandstätigkeit nicht nachgewiesen.
1945 kehrte Matusche nach Portitz zurück und arbeitete für den Leipziger Rundfunk. 1951/1952 entstand sein dramatischer Erstling Welche, von den Frauen?. 1955 wurde Die Dorfstraße am Deutschen Theater Berlin nach Zusammenarbeit mit dem Chefdramaturgen Heinar Kipphardt uraufgeführt (Regie Hannes Fischer). 1958 folgte die Uraufführung von Nacktes Gras am Maxim Gorki Theater Berlin (Regie Hans Dieter Mäde).
Ab 1959 arbeitete Matusche am Maxim Gorki Theater als Dramaturg. Dort knüpfte er Freundschaft mit Armin Stolper. Zwischen 1960 und 1966 lebte Matusche in Kolberg, in Petershagen bei Schöneiche und in anderen Orten in der Berliner Umgebung. Kurzzeitig arbeitete er als Dramaturg am Hans-Otto-Theater Potsdam.
Zwischen 1958 und 1968 entstehen drei Fernsehspiele: Die gleiche Strecke (1961), Der Regenwettermann (1965) und Der Ausreißer (1965) sowie das Hörspiel Unrast (1961). Zwischen 1960 und 1973 schrieb er zahlreiche Theaterstücke, darunter Das Lied meines Weges (1963/1965), Die Nacht der Linden (1965) und Kap der Unruhe (1968). „Von Wolfgang Langhoff und Heinar Kipphardt gefördert, von Peter Hacks und Heiner Müller bewundert, hat ihn das DDR-Theater zeitlebens als Außenseiter geächtet. Seine Stücke wurden als heiße Eisen gehandelt, die nur mit feuerfesten Regiehandschuhen oder besser erst gar nicht angefasst wurden.“[1]
1969 zog Matusche nach Karl-Marx-Stadt; dort traf er auf Peter Sodann. Matusche erhielt 1973 den Lessing-Preis und erlebte kurz vor seinem Tod, begleitet von zwei Ärzten, die Uraufführung seines Van Gogh an den Städtischen Bühnen von Karl-Marx-Stadt.
Der Regenwettermann 1963/65 (Uraufführung Potsdam)
Die Andere 1965
Die Nacht der Linden 1965 (Uraufführung Potsdam)
Das Lied meines Weges 1967 (Uraufführung Karl-Marx-Stadt)
Kap der Unruhe 1968 (Uraufführung Potsdam)
Neue Häuser (Prognose) 1971 (Uraufführung Potsdam)
An beiden Ufern 1971 (Uraufführung Potsdam)
Van Gogh 1973 (Uraufführung Karl-Marx-Stadt).
Wirkung und Nachwirkung
Alfred Matusche war immer ein „Geheimtipp“. 1969 wurde sein Stück Van Gogh in der Bundesrepublik Deutschland von Thomas Fantl verfilmt. Matusche hatte und hat eine treue Gemeinde von teilweise namhaften Theaterschaffenden, Autoren und Literaturwissenschaftlern, die sich über Jahrzehnte hinweg auf ihn beziehen.
Seine Dramen fanden immer wieder den Weg auf die Bühnen, so zuletzt Kap der Unruhe mit Premiere am 26. September 2008 am Thalia Theater (Halle) in Regie von Katka Schroth. Sie wären „es wert, gegen die Ostalgie, die sie 2009, zum hundertsten Geburtstag, auf die Bühne holen könnte, verteidigt zu werden“.[1]
Werkausgaben
Dramen. Henschelverlag, Berlin 1971.
Welche, von den Frauen? Henschelverlag, Berlin 1979.
1963: Der Ausreißer, Regie: Robert Trösch, mit Ernst-Georg Schwill u. a., Erstausstrahlung: 30. Dezember 1963
Literatur
Sowohl Dramen (1971) als auch Dramen (2009) enthalten Texte zu Matusche.
Christoph Trilse: Alfred Matusche. In: Literatur der Deutschen Demokratischen Republik. Einzeldarstellungen, Bd. 2. Herausgegeben von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Hans Jürgen Geerdts. Verlag Volk und Wissen, Berlin/DDR 1979.
Jürgen Serke: Zuhause im Exil. Dichter, die eigenmächtig blieben in der DDR. Piper 1998, München, ISBN 3-492-03981-2, S. 69 ff.
Werner Liersch: Dichterland Brandenburg. Literarische Streifzüge zwischen Havel und Oder. Artemis und Winkler, Zürich und Düsseldorf 2004, ISBN 3-538-07199-3.
Peter Sodann: Keine halben Sachen. Erinnerungen. Ullstein, Berlin 2008, ISBN 978-3-550-08721-9, S. 157 ff.
Gottfried Fischborn (Hrsg.): Das Lied seines Weges. Festschrift für den Dichter Alfred Matusche. VAT Verlag Andre Thiele, Mainz 2009, ISBN 978-3-940884-07-7.
Felix Bartels: Mit steter Unruhe. Zum 100. Geburtstag des Dramatikers Alfred Matusche. In: junge Welt 8. Oktober 2009, S. 10 f.
Gottfried Fischborn: Der Dramendichter Alfred Matusche. In: Ders.: Politische Kultur und Theatralität. Aufsätze, Essays, Publizistik. Peter Lang, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-631-63251-2.
Julia Lind: Alfred Matusche und Lothar Trolle. Grenzgänger des DDR-Theaters. Transcript, Bielefeld 2018, ISBN 978-3-8376-4382-4.
Fußnoten
↑ abAndreas Rossmann: Verfolgte Künstler. Das Haus der vergessenen Zeugen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. April 2008.