Der Abgebissene Pippau ist eine ausdauernde krautige Pflanze und erreicht eine Wuchshöhe von meist 15 bis 45,[1] selten bis zu 70[2] Zentimetern. Sie bildet ein kurzes, abgebissen aussehendes, schiefes Rhizom. Der aufrechte, unbeblätterte Stängel ist rundlich und gefurcht, kurz flaumig behaart und im oberen Teil traubenartig verzweigt.
Die in einer grundständigen Rosette angeordneten Laubblätter besitzen eine bei einer Länge von 5 bis 20 Zentimetern sowie einer Breite von 8 bis 55 Millimetern breite längliche bis verkehrt-eiförmige,[2] und am Grund stielartig verschmälerte, gelblich-grüne Blattspreite. Der Blattrand ist ganzrandig oder entfernt gezähnelt.
Generative Merkmale
Die Blütezeit reicht von Mai bis Juni. In einem walzenförmigen traubigen bis rispigenGesamtblütenstand stehen etwa 10 bis 30[3]körbchenförmige Teilblütenstände zusammen. Die Blütenkörbe blühen von oben herab nach unten nacheinander auf. Die Hülle (Involucrum) ist bei einer Höhe von 7 bis 12 Millimetern sowie einem Durchmesser von 3 bis 7 Millimetern zylindrisch bis glockenförmig.[2] Die Hüllblätter sind schwärzlich-grün, schmal weiß berandet, zerstreut borstig, die äußeren sind grau flaumig bis zottig rau behaart und bilden eine deutliche Außenhülle. Die Blüten sind meist hellgelb.
Die hellbraunen Achänen sind bei einer Länge von 3 bis 4 Millimetern spindelförmig,[4] besitzen etwa 20 glatte Rippen und sind nicht geschnäbelt. Der Pappus ist schneeweiß und weich.[5]
Am Abgebissenen Pippau wurde die Pilzart Puccinia crepidis beobachtet.[5]
Systematik
Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Hieracium praemorsum durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus II, Seite 801.[6]Friedrich Ludwig Walther stellte sie 1802 in Flora von Giessen und der umliegenden Gegend... S. 584 in die Gattung Crepis.[7] Das Artepithetonpraemorsa ist die weibliche Form von praemorsus für abgebissen, dies bezieht sich auf ihr Rhizom, das abrupt endet und daher wie abgebissen aussieht.
Crepis praemorsa gehört zur Sektion IntybelloidesFroelich innerhalb der Gattung Crepis.
Der Abgebissene Pippau gedeiht auf mäßig trockenen bis wechseltrockenen, meist kalkreichen Löß- oder Lehm-Böden an Gebüsch- und Waldrändern und in lichten Kiefern- oder Eichenwäldern. Er steigt im Gebirge nur bis in Höhenlagen von etwa 1200 Metern auf, die er bei Tschiertschen in Graubünden erreicht.[5] Er ist eine sommerwärmeliebende Halbschatten- bis Lichtpflanze. Er kommt vor allem in Pflanzengesellschaften des Verbands Geranion sanguinei vor und wird als Charakterart dieses Verbandes angesehen.[3]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landoltet al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2+w (frisch aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 5 (basisch), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[10]
Der Abgebissene Pippau ist in seinem Bestand auf Länderebene in Deutschland[11] und Österreich[8] gefährdet, in der Schweiz wird er als „Vulnerable“ = „gefährdet“ bewertet.[10] Regional auf Bundeslands- und Kantons-Ebene wird der Abgebissene Pippau vielerorts als „stärker gefährdet“ eingestuft und ist in manchen Gegenden schon „ausgestorben“.[11][8][10]
Trivialnamen
Für den Abgebissenen Pippau bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen Abbis (Schlesien) und Hasenlattich (Schlesien).[12]
Quellen
Literatur
Gerhard Wagenitz (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Pteridophyta, Spermatophyta. Begründet von Gustav Hegi. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Band VI. Teil 4: Angiospermae, Dicotyledones 4 (Compositae 2, Matricaria – Hieracium). Paul Parey, Berlin / Hamburg 1987, ISBN 3-489-86020-9, S.1157–1160 (revidierter Nachdruck der 1. Auflage (Band VI/2 von 1929) mit Nachtrag). (Abschnitte Beschreibung, Vorkommen)
David Aeschimann, Konrad Lauber, Daniel Martin Moser, Jean-Paul Theurillat: Flora alpina. Ein Atlas sämtlicher 4500 Gefäßpflanzen der Alpen. Band 2, Haupt Verlag, Bern/Stuttgart/Wien 2004, ISBN 3-258-06600-0, S. 676.
↑ ab
Eckehart J. Jäger (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband. Begründet von Werner Rothmaler. 20., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2011, ISBN 978-3-8274-1606-3, S.801.
↑ abcdef
Peter Derek Sell: Crepis praemorsa. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 4: Plantaginaceae to Compositae (and Rubiaceae). Cambridge University Press, Cambridge 1976, ISBN 0-521-08717-1, S.352–353 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑ abcErich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S.992, 995.
↑
Peter Derek Sell: Crepis praemorsa subsp. praemorsa. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 4: Plantaginaceae to Compositae (and Rubiaceae). Cambridge University Press, Cambridge 1976, ISBN 0-521-08717-1, S.353 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑ abcGerhard Wagenitz et al.: Familie Compositae II. S. 1157–1160. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 2. Auflage Band VI, Teil 3, Verlag Paul Parey, Berlin, Hamburg 1987, ISBN 3-489-86020-9.
↑
Friedrich Ludwig Walther: Flora von Giessen und der umliegenden Gegend für Anfänger und junge Freunde der Gewächskunde. Nebst einem illuminirten Plan des neuen ökonomisch-botanischen Universitätsgartens in Giessen. Georg Friedrich Heyer, Giessen/Darmstadt 1802, S. 584 (Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑ abc
Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9, S.969.