Die meisten der von Art Tatum auf diesem Album eingespielten Titel wurden 1950 bei einer Party im Wohnsitz von Ray Heindorf ausgenommen. Heindorf, der in dieser Zeit als musikalischer Direktor und Filmkomponist bei Warner Bros. arbeitete, war ein Freund und Bewunderer des Pianisten. Heindorf hatte zuhause ein ausgezeichnetes Audioequipment[2]. Insgesamt veranstaltete er 1950 und 1955 zwei Piano-Auftritte Tatums für seine Freunde in seinem Haus in Hollywood. In diesem Zeitraum (1952–1955) hatte der Pianist aus gesundheitlichen Gründen keine öffentlichen Konzerte gegeben; Art Tatum starb 1956. Nach Ansicht des Tatum-Biografen James Lester war Tatum auch bei seinem zweiten (und letzten) Auftritt bei Reindorf in guter Verfassung.[3] Heindorf schnitt diese Privatkonzerte mit, komplett mit den Hintergrundgeräuschen und -Gesprächen von Tatum und den anwesenden Personen.
Amiri Baraka hebt besonders Tatums Interpretation der Titel Begin the Beguine, Some to Watch Over me, Body and Soul, Love for Sale und Too Marvelous for Words hervor und bezeichnet Tatums Spiel auf Heindorfs Partys als „großartige amerikanische Musik, bereichert durch die Vollständigkeit und das Bewusstsein eines spezifischen pan-amerikanischen und afroamerikanischen Ausdrucks, verwandelt in High Art.“[4][5]
Nach Ansicht von Michael Ullman enthalte jeder Titel dieser Mitschnitte „Passagen, die sich kein anderer Pianist hätte ausdenken oder gar imitieren können“;[3] Für Martin Williams sei so bezwingend, weil Tatum genau weiß, was er zu tun hat oder was im Jazz mit den aus Europa stammenden Harmoniesystemen zu entdecken ist. Too Marvelous for Words sei „die großartigste Einzeldarbietung Tatums, die wir glücklicherweise haben“.[3]
In den Liner Notes des Albums von James Lester ist auch die Aufzeichnung einer Diskussion von drei Pianisten wiedergegeben, Hank Jones, Adam Makowicz und Lou Stein. Dort erinnert sich Hank Jones daran wie er erstmals Tatum im Radio hörte und dachte es sei a trick to make people believe that one man is playing this piano when I know that at least three people are playing it. Auch der klassisch geschulte Makowicz war von seinem ersten Tatum-Hörerlebnis überrascht: It's hard to describe in words, but it was like music from heaven, angels’ music. Selbst in seinen entspanntesten Augenblicken dieser Aufnahmen lasse einen Tatum niemals vergessen, dass er ein Virtuose war, nicht einmal in Mr. Freddie Blues.
Richard Cook und Brian Morton zeichnen die Heindorf-Mitschnitte in ihrem Penguin Guide to Jazz on CD mit der Höchstnote von vier Sternen aus; nach Ansicht der Autoren sei die Klangqualität besser als bei Tatums regulären Sessions dieser Zeit. Spielerisch habe der Pianist nichts von seiner Kraft verloren; man höre die Präzision und Genauigkeit von Tatums Läufen, sein sprunghaftes Tasten und Talent aus dem Stegreif zu spielen. Man könne etwa in Yesterdays erleben, wie er denkt, erschafft und sich so rasch fortbewegt, dass man den unglaublichen Ruhm verstehen könne, den ihn umgebe. Mit seiner Ungezwungenheit sei das Album „kein schlechter Ort, anzufangen, Tatum zu hören.“[6]
Auch Stanley Dance lobte in seiner Besprechung des Albums in JazzTimes die hohe Klangqualität des Mitschnitts trotz der gelegentlichen Partygeräusche. Man erlebe über zwei Stunden von Tatums Solospiel auf einem guten Flügel. In seinem vor allem aus Standards bestehenden Programm sei es ein Vergnügen zu erleben, wie oft die Melodien der Komponisten sich singend herausbilden, inmitten der bemerkenswerten Harmonien und glänzenden Läufe.[7]
Auch Scott Yanow findet, dass Tatum in den Mitschnitten in guter Form sei; das Album sei durch und durch höchst unterhaltsam und fesselnder Set von Standards, darunter einige bemerkenswerte Momente.[8]
Das Billboard-Magazin nannte 20th Century Genius ein challenging album for both artist and listener, and one that sacrifices airplay in the name of artistic exploration.[9]
↑John L. Fell, Terkild Vinding, Rutgers University. Institute of Jazz Studies: Stride!: Fats, Jimmy, Lion, Lamb, and all the other ticklers. 1999, S. 177
↑ abcJames Lester: Too Marvelous for Words: The Life and Genius of Art Tatum, New York Oxford, Oxford University Press, 1994, S. 215
↑Im Original: American popular music enhanced through the completeness and consciousness of a Pan-American and Afro-American specific expression, transformed to “High Art”.
↑Amiri Baraka: Digging: The Afro-American Soul of American Classical Music.
↑Vgl. Cook/Morton, Penguin Guide, 2006. S. 1265 (8. Auflage).