Étaples ist eine Hafenstadt im Nordwesten Frankreichs an der Nordseite der Mündung (Ästuar) der Canche in den Ärmelkanal zwischen den Städten Boulogne-sur-Mer (23 Kilometer nördlich) und Berck (13 Kilometer südlich) an der Côte d’Opale (Opalküste). Auf der Südseite der Flussmündung liegt der Badeort Le Touquet-Paris-Plage. Die Gemeinde grenzt mit dem Ästuar an den Meeresnaturpark Estuaires Picards et Mer d’Opale.
Geschichte
Brücke der D 940 über den Fluss Canche, im Hintergrund Étaples.Der Soldatenfriedhof von Étaples
Étaples war das Quentovicus oder Stapulae, von dem das römische Militär zur Invasion Britanniens aufbrach.
Im 9. Jahrhundert begann für Étaples eine dramatische Zeit. Bei manchem Besitzwechsel wurde sie geplündert, von den Normannen niedergebrannt, die sich im Land auf der Suche nach Beute ausbreiteten. Sie hatten die Stadt zum Ausgangspunkt und Sammelplatz für die geraubten Reichtümer der Umgebung gemacht. 1172 ließ Matthieu d’Alsace, Graf von Boulogne, eine Festung erbauen, die auf den Ruinen einer Burg aus der Römerzeit errichtet wurde, die, den Spuren nach zu urteilen, bei einem Raubzug der Normannen niedergebrannt wurde.
1193 machte Philippe Auguste aus Étaples den Haupthafen für seine Nordflotte. 1346 wurde die Stadt von den Engländern nach dem Sieg in der Schlacht von Crécy niedergebrannt, 1355 wurde sie vom Herzog von Lancaster geplündert. Die Stadt wurde in den Jahren 1351, 1378 und 1435 noch mehrmals geplündert und brannte 1455 und 1546 ab.
Von 1803 bis 1805 zog Napoleon als Vorbereitung für eine Invasion Englands eine starke Armee entlang der Küste des Ärmelkanals zusammen, das berühmte „Camp de Boulogne“. Zwei Jahre lang war in Étaples und seiner Umgebung das 6. Armeekorps des Marschall Ney stationiert.
Im Ersten Weltkrieg installierte die britische Armee ein riesiges Truppenlager auf dem Mont Levin, der heute bebaut ist. Dort brach 1917 eine Meuterei aus. Deutsche Flugzeuge bombardierten die Stadt, weswegen Étaples 1920 das Croix de guerre verliehen bekam.
Nördlich von Étaples befindet sich ein bedeutender Soldatenfriedhof mit mehr als 11.500 Grabstätten beider Weltkriege.
Bevölkerung
Mit 10.930 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) gehört Étaples zu den Kleinstädten der Region Nord-Pas-de-Calais. Die Bevölkerungszahl stieg vor allem in den 1980er Jahren, in den letzten 20 Jahren ist die Einwohnerzahl in etwa konstant geblieben. Im Jahre 1715 hatte die Stadt ca. 1000 Einwohner, Anfang des 19. Jahrhunderts waren es 1500.
Die Bevölkerungsdichte liegt bei 863 Einw./km².
Bevölkerungsentwicklung
Jahr
1962
1968
1975
1982
1990
1999
2009
2018
Einwohner
8628
9095
10.559
11.292
11.305
11.177
11.689
10.926
Wirtschaft und Verkehr
Hafen von Étaples
Der Ort lebt vom Fischfang, profitiert aber auch von der Nähe zu den benachbarten Badeorten. Er beherbergt eine Flotte für den Fischfang sowie die niedrigen Häuser in den engen Straßen des Fischerviertels und bezeichnet sich daher als „Cité des pêcheurs en Côte d’Opale“, also Stadt der Fischer an der Opalküste.
Mit den Brücken der D 940 und der Eisenbahnlinie zwischen Abbeville und Boulogne-sur-Mer ist Étaples der einzige Übergang über die Canche in ihrem breiten Mündungsbereich. Über die Straßenbrücke wird daher auch ein Großteil des Straßenverkehrs zu den Fremdenverkehrsorten Le-Touquet und Stella-Plage (Gemeinde Cucq) abgewickelt. Durch eine Auffahrt zur Autoroute A16 ist Étaples östlich der Ortslage an den Fernverkehr angeschlossen.
Kultur
Ein kleines Museum an der Hafenpromenade informiert über die Geschichte der Fischerei in Étaples.
Naturschutzgebiet
Breite Strände, die bei Flut fast vollständig überschwemmt werden, befinden sich im Nordwesten des Ortes. Deren Hinterland ist als „Réserve naturelle de la baie de Canche“ oder „Réserve ornithologique“, also als Naturschutzgebiet Canche-Bucht bzw. Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Dieses Naturschutzgebiet beginnt südlich des Nachbarortes Saint-Gabriel und erstreckt sich fast bis Étaples. Das Gebiet besteht aus Sandbänken, Schlickwatten und Salzwiesen an der Küste sowie einer Dünenlandschaft, die langsam nach Osten hin ansteigt.
Fauna
Das Naturschutzgebiet Canche-Bucht beherbergt eine der größten europäischen Möwenkolonien (etwa 100.000 Tiere), darunter manchmal mehr als 10.000 Mantel- und Silbermöwen. Zu den dort regelmäßig rastenden Zugvögeln gehören die Pfuhlschnepfe (Limosa lapponica), der Sandregenpfeifer (Charadrius hiaticula) im Frühling, Brandgänse (Tadorna) im Juli, Sperber (Accipiter nisus) im Herbst und Strandläufer im Winter. Dazu kommen Wildschweine, Rehe, Füchse, Hasen und sechs Arten Frösche und Kröten.
Douglas Gill, Gloden Dallas: Mutiny at Etaples Base in 1917. In: PAST & PRESENT – A JOURNAL OF HISTORICAL STUDIES. Nr. 69, November 1975 (englisch).
Douglas Gill, Julian Putkowski: Le camp britannique d’etaples – The british base camp at Etaples 1914–1948. Musee Quentovic, Ville d’Etaples 1997 (englisch/französisch).
Axel Bornkessel: Im Schatten des Krieges. Hückeswagen und Etaples-sur-Mer von 1914–1918. 1. Auflage. Baumgarten 2016, ISBN 978-3-937708-24-9.
Weblinks
Commons: Étaples – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien